Der Geschmack von Rost und Knochen – Vorstadt des Gemüts

Von  //  3. April 2013  //  Tagged: ,  //  Keine Kommentare

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Mit einem Satz aus der FAZ ziehe ich los, dem Abend ein Gesicht zu geben: „Bei Audiard“, dem Regisseur von „Der Geschmack von Rost und Knochen“, „geht es nicht um Versöhnung, weder im sozialen noch im sexuellen Sinn, sondern darum, das Gewicht des eigenen Daseins auszuhalten“.
Existenzialismus und starke Naturen im 21. Jahrhundert, die Alternative wäre eine Lesung von Linus Reichlin im Charlottenburger Buchhändlerkeller gewesen.
– Die Geschichte des Moritz Martens, sie fasst Fuß oder nimmt Fahrt auf in Kreuzberg. Nun muss ich nur ins Acud, das Kino weidet halbwegs auf der Rosenthaler Höhe (im Prenzlauer Berg). Es füllt sich mit ziemlich besten Freundinnen und Leuten, die zu ihrem Nachteil dem Vernehmen nach jung geblieben sind. Noch gibt es den Typus des passionierten Alleingängers, die Reklame soll bei einem konsumkritischen Publikum Wirkung zeigen. Alle tun so, als wären sie gerade für immer im Erlebnisurlaub „Leben“, das Wort „Spiegelneuronen“ fällt zwischen das Geräusch einer reißenden Tüte und das forcierte Gemunkel alter Mädchen. Der Film fängt trist an, ein Vater, der kaum den Namen seines Sohnes kennt, ist auch nicht in der Lage, ihn vernünftig zu ernähren. Auf Schleichwegen der Armut führt er ihn durch eine südliche Abfallzone in das surreale Blau der Côte d’Azur, das Kind bleibt erschreckend geduldig. Die abgängige Mutter hat es als Drogenkurier eingesetzt, jetzt könnte seine Geschichte erzählt werden.
Doch geht es vielmehr um den explosiven und verödeten Ali Baba (Ali heißt er, Baba/Papa – ich weiß, man soll keine Sprachspiele machen, die so bedürftig sind) gespielt von Matthias Schoenaerts. Ali gibt den muskulösen Strolch als Objekt weiblicher Begierde in Antibes. Er parkt den Sohn bei seiner verhärmten Schwester und ihrem vom französischen Chauvinismus zum Keks geklopften Maghrebiner, arbeitet als Türsteher und in der Sicherheitsbranche – stets am Rand oder jenseits der Legalität. Er absolviert verbotene, von nahezu allen Regeln erlöste, von Sinti organisierte Kämpfe und schlägt sich gut mit seinen Knien und Ellenbogen.

Ali ist „ohne Plan“. Ein auf Lebenszeit Verirrter übt Bodenkampf auf der fortgeschrittenen Evolutionsstufe des Brazilian Jiu Jitsu, er steigert seine Ausdauer mit Läufen in den Sperrgebieten überlasteter Straßen. Er nimmt jede sexuelle Gelegenheit wahr, ohne Ansehen der Person. – Immer mit der gleichen leeren und so leer auch begrüßten Intensität, während alle Nähe zu seinem Sohn in Katastrophen abbricht. Mit diesem Zusammenhang wird man nicht leicht fertig. Ali verweigert dem Jungen nicht seine Empathie, er scheint keine Empathie zu haben. Er wirkt benommen.

Ali bewegt sich wie unter Wasser, er hilft einer Orca – Trainerin aus der Patsche einer Schlägerei. Stéphanie (Marion Cotillard) verliert dann die Beine bis zu den Oberschenkeln bei einem Unfall im Vergnügungspark ihres Arbeitsplatzes. Die Szene nimmt einen förmlich auseinander, auch was dann kommt: Wie sich Stéphanie erhalten bleibt.

Sie wirbt um Ali, er geht mit ihr schwimmen, seine Raubeinigkeit entzückt sie. Marion Cotillards Gesicht erzählt viele Geschichten des Films. Ihr Gesicht ist überwältigend und so erfüllt von Lebenshunger. Stéphanie verliert auch versehrt nicht ihren Kurs, sie lebt mit einer Selbstgewissheit, von der Ali nichts weiß.

Das Sujet wurde in „Ziemlich beste Freunde“ bereits eingekreist. Der Film geht von Philippe Pozzo di Borgos gleichnamigen Roman aus. Darin „zähmt“ ein schwerreicher Schwerbehinderter einen arabischen Muskelverbrecher. Ich habe Di Borgo und seinen „Schutzteufel“ Abdel Sellou einmal erlebt, er sagte mit so einem halbem Lächeln: „Abdel ist furchtlos, verfügbar und sehr stark“.
Für Sellou erschien im Gegenzug nur ein Vergleich mit Gott passend, als er die Bedeutung des Mannes zur Sprache brachte, der aus ihm „das Beste herausgeholt“ habe. Di Borgo weiter: Abdel „ist unerträglich, eitel, stolz, brutal, unzuverlässig, menschlich. Ohne ihn wäre ich zugrunde gegangen. Er hat mich gepflegt wie einen Säugling.“

Diese Konstellation wiederholt „Der Geschmack von Rost und Knochen“ ohne die pathetischen Aufschläge „Bester Freunde“. Ali bietet sich Stéphanie an, „kein Problem“, sagt er und erklärt damit sein Verhältnis zu ihrer Behinderung und ihren Bedürfnissen. Stéphanie fordert „mehr Stil“. Sie konfrontiert ihn mit seiner hohlen Form, Ali drückt sich vor Einsichten. Er brüskiert Stéphanie, verrät seine Schwester, versagt als Vater – und haut ab. Wieder einmal. Das ist sein Muster. Für Ali sieht die Welt überall gleich aus. Sie sieht aus wie der vermüllte Parkplatz hinter einem Supermarkt. Sie besteht aus gewalttätigen Männern, die ihn achten – und aus Frauen, die männliche Kraft anziehend finden. Sonst besteht keine Verbindlichkeit. Noch einmal will Ali in dieser Vorstadt des Gemüts das Glück der Gleichgültigkeit auskosten. Sein Ehrgeiz richtet er auf ein sportliches Ziel, sein Schwager überlässt ihm den Sohn für ein paar kalte Stunden. Ali und das Kind spielen auf dem Eis eines gefrorenen Sees, in einem achtlosen Augenblick bricht das Kind ein.

Frankreich/Belgien 2012, Regie: Jacques Audiard


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Der Geschmack von Rost und Knochen


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