The Mummy’s Curse

Von  //  19. Februar 2011  //  Tagged:  //  Keine Kommentare

Nach dem klassischen The Mummy (Karl Freund 1932) und dem unterhaltsamen Mummy’s Hand (Christy Cabanne 1940) verkam Universals Mumien-Reihe in trivialste Fahrwässer. Dreimal drehte Reginald LeBorg mit Lon Chaney jr und seinem Stuntman Dutzendfilme, die trotz vereinzelter guter Kameraeinstellungen allesamt belanglos sind; dann stieg LeBorg bei Universal eine (kleine) Stufe höher zu Inner Sanctum, und Mummy’s Curse, der letzte in der Reihe (abgesehen von Abbott & Costello meet the Mummy, 1955) wurde offenbar nur noch aus einer Art Automatismus nachgeschoben.

Einen kleinen Hinweis auf die Unwichtigkeit dieses Films zeigt der Vorspann: die Musik stammt nicht von Hans Salter, sondern von Paul Sawtell (der sich freilich auch großzügig im Universal-Musikarchiv bedienen musste). Einen zweiten Hinweis erhalten wir unmittelbar danach, denn der Film beginnt in einer Kneipe in Louisiana, „Tante Berthe’s Cafe“. Warum die Frau „Tante“ heißt, wo sie definitiv und eindeutig eine Französin sein soll, ist unser aller guess, aber warum zur Hölle ein billigster B-Horror von 1944 mit einer Gesangsnummer beginnt (Berthe, eine resolute Mittfünfzigerin, singt nämlich), ist beyond human understanding.

Wir erfahren, dass sich finstere Mären um den Sumpf ranken, woselbst nämlich eine Mumie umgehen soll, die im letzten Film (vier Monate früher gedreht, aber laut Curse 25 Jahre früher spielend – beide Filme sind in der damaligen Gegenwart angesiedelt) mitsamt ihrer reinkarnierten Geliebten dort untergegangen ist. Und siehe da, bald findet man a) Martin Kosleck, der damals häufig Goebbels spielte, finster herumstehen, b) einen ägyptischen Wissenschaftler/Hohepriester, verkörpert von Peter Coe (einem Freund Ed Woods) ominös dreinsehen, und c) einen mumienförmigen Abdruck im Schlamm sowie ein Stück Bandage! Jaha!

Mitten im Sumpf nun liegt ein Hügel, und auf diesem ein verfallenes Kloster (das mag überraschen, aber das matte painting ist immerhin hübsch; die Interiors stammen aus Tower of London). Dort wird die Mumie in einem edlen Sarkophag aufgebahrt und mitunter ausgesandt.
Die Mumie ist ein armes Schwein. Hinkend, eine Hand von Arthritis verkrüppelt, versagt sie in gut der Hälfte ihrer Missionen, wenn sich ein flugses Opfer in die Ecke drückt oder einfach davonläuft, worauf der arme Chaney jr. ratlos um sich blickt – das nähert sich schon running gag-Ausmaßen, vor allem wenn er einmal eine Geste mit der Faust macht, die akkurat aussieht, als wollte er demnächst „Drat!“ sagen.
Übrigens: wenn man auf Chaney einschlägt, staubt er. The Mummy’s Curse grenzt mitunter an fast beabsichtigt aussehende Komödie, wofür der komödienerfahrene Regisseur ein weiteres Indiz darstellt. Aber dieser Film kommt aus dem Nirvana.

Auch seine beste Szene grenzt ans Unglaubliche: eines heißen Mittags ersteht auch die damals mitabgesumpfte reinkarnierte Ex-Geliebte der Mumie wieder auf: eine Hand reckt sich aus dem Schlamm, mühsam arbeitet sich die lehmverklebte Gestalt hervor, blinzelt in die Sonne, die ihr gut zu tun scheint, und wankt bis zum nächsten Weiher. Bedächtig ausgespielt und nie wiederholt (wenn sich ab 1960 jemand aus dem Grab wühlte, dann war das in aller Regel ein Monster und keine bedauernswerte Gestalt), erwartet man so etwas von keinem Schundfilm alter Schule. Hier erhält der Film, in seiner bizarrsten Szene, auf einmal etwas Lebensnähe und Glaubhaftigkeit.

Freilich bleibt das nicht so. Gebadet und mit Gedächtnisschwund behaftet, geht die Reinkarnierte dem Helden dann bei seinen Forschungen ein bisschen zur Hand, wird aber von der Mumie geraubt und vom Hohepriester selbst zur Mumie gemacht. Martin Kosleck indes will die Heldin haben und weil ihn der Hohepriester daran erinnert, dass das wider seinen Eid wäre, stößt er ihm das nächste Messer ins Kreuz. Die Mumie wiederum will Kosleck haschen, ist aber erneut zu unbeholfen, reißt aber dafür immerhin die Klosterruine ein und begräbt sich und Kosleck unter sich, ebenso die mumifizierte Reinkarnierte, die eigentlich gar nichts dafür kann und das weissgott nicht verdient hat.

Moral?

USA 1944, Regie: Leslie Goodwins

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Über den Autor

Andreas Poletz (1185 bis 1231), aus Chorazin gebürtig, beschrieb seine Seele als »einen schrecklichen Sturm, umhüllt von ewiger Nacht«, und behauptete, dass er aus Verzweiflung begann, seine Hände und Arme zu zerfleischen und mit den Zähnen bis auf die Knochen zu zernagen (incipit manus et bracchia dilacerare et cum dentibus corrodere useque ad ossa). Ist aber nicht wahr.

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