Bizarre

Von  //  11. Januar 2011  //  Tagged: ,  //  Keine Kommentare

Ja, das ist bizarre. Eine Mumie erzählt erotische Geschichten aus ihrem Grab. Schon recht bald legt sie dem Zuschauer eine mögliche Rezeptionshaltung nahe: „Imaging you are making love to this girl!“ (Das habe ich jetzt allerdings verkürzt wiedergegeben. Der komplette Text findet sich hier). Nach etwa 15 Minuten folgt die erste Episode, die ebenfalls Horror und Erotik-Elemente mischt, wenn auch etwas subtiler als zwischen einer Mumie und nackten Menschen hin und her zu schneiden. Das Ganze scheint eine Mischung aus dokumentarisch angelegten Fummelfilm und Amicus-Episodenhorror zu sein, ein möglicher deutscher Verleihtitel wäre wohl Der Sex-Report des Dr. Schreck gewesen. Die Pointe der zweiten Episode erscheint ein bißchen an den Schamhaaren herbeigezogen: Um sich an einem alten Sack zu rächen, heiratet eine junge Wissenschaftlerin ihn und gebährt ihm ein mißgestaltetes Kind ohne Überlebensschance? Was anfangs an die erotischen Geschichten Roald Dahls erinnerte, begibt sich auf die Horror-Schmuddelpfade etwa eines Charles Birkin. Nicht, daß ich unbedingt etwas dagegen hätte.

Die folgenden Episoden schrauben den Horror dann etwas zurück und setzen eher auf Humor. Während sich eine Ledermaus auszieht, hört man eine ältere britische Dame im Radio über Obstgärten von Prominenten referieren, wobei Wörter wie „catsuit“, „bush“ oder „juicy flesh“ auffallen. Die „Evening Primrose“, hören wir, während wir die Beule in einer männlichen Unterhose sehen, bleibt tagsüber geschlossen und öffnet sich erst abends. Es folgt eine quietschbunte Comicverfilmung, eine Agentenparodie, die aber hauptsächlich aus einem erotischen Slapstickfilm besteht, den sich die Heldin im Kino ansieht. Anschließend kann ein Nerd, der noch keinen Sex hatte, leider nicht, ohne daß seine Schlange zuguckt. Als eine Hure ihn kopfschüttelnd verläßt, will er einen Brief an die Financial Times schicken. (Die müssen sich auch geändert haben, ne Rubrik „Sex mit Schlangen“ gibt’s da, glaube ich, nicht mehr.) Schließlich zeigt eine ältere Dame ihrem neuen Butler, wo in ihrem Gewächshaus die 17 Seelen von Männern zu finden sind, die sie ihnen einst beim Ficken gestohlen hatte. Zurück zur Rahmenhandlung.

Die durchaus wirkungsvolle Stimme der Mumie stammt von Valentine Dyall, der vorher kleine Rollen in u.a. City of the Dead und The Haunting hatte und später auch den „Deep Thought“ in der Anhalterserie sprach. Der Film im Ganzen ist ebenso bescheuert wie kurzweilig. In seinen visuell besten Momenten geht es sogar ein wenig in die Richtung einer sinnlich-dekadenten Ästhetik wie in Borowczyks Contes Immoraux. Regisseur Balch, der später den ebenso unterhaltsamen Horror Hospital / Frankensteins Horrorklinik drehte, arbeitete vorher mit William Burroughs zusammen, der ihm bestimmt ein paar leckere Drogen abgegeben hat, was die eigenwillige Rahmenhandlung, den „War of the Sexes“ (junge Burschen mit Maschinengewehren treffen in einer Kulisse auf eine Gruppe Mädels und können sich nicht zwischen Schießen und Vögeln entscheiden) erklären könnte.

GB 1969, Regie: Antony Balch

aka Secrets of Sex / Erotic Tales from the Mummy’s Tomb

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Über den Autor

Alex Klotz ist ein Zelluloid atmendes Wesen und betreibt den Blog hypnosemaschinen. Alex Klotz hat nie als Tellerwäscher, Aushilfsfahrer oder Kartenabreisser gearbeitet und gedenkt das auch in Zukunft nicht zu tun.

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