Jason Bourne

Von  //  15. August 2016  //  Tagged:  //  Keine Kommentare

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Jenseits der Wälle. Treadstone und die Folgen – Jason Bourne kann nicht sterben

Er sieht nicht gut aus. Kerben und Schrammen erzählen wie in Runenschrift vom Abstieg in eine Unterwelt im failed area-style mit der Gewürznote Balkantrash. Mit dem ersten Schlag entscheidet Jason Charles Bourne (Matt Damon) einen Kampf ohne Regeln. Es ist nicht ganz David gegen Goliath, doch wird die Melodie angespielt auf einem Hinterhof der Welt. Da herrscht der Golem im Plural der lehmigen Erscheinungen. In dessen Hoheitsgebiet verliert Bourne mimische Kompetenz. Die Kamera untersucht Vertiefungen und Erhabenheiten des Rückens. Das Relief signalisiert keinen modernen Spartaner, keinen in der Reduktion intensivierten Mann.
Man begreift ihn nur ex negativo – Bourne ist kein Bond im Cyberspace. Er wirkt seelisch und körperlich automatisiert. Wieder fragt er sich und andere: Wie komme ich zu mir. Das ist sein Thema. Solange er jung war, interessierte man sich mit ihm dafür. Nun erscheinen die alle Erzählungen dynamisierenden Herkunfts- und Identitätssuchanfragen wie Erziehungsvorwürfe, die ein Vierzigjähriger im Damalsrausch seinen Eltern macht.
Bourne kann nicht sterben. Das ist sein Problem. Er erleidet das Schicksal eines Serienhelden, der seinen Schöpfer Robert Ludlum längst überlebt hat und von Trittbrettfahrern im Ätzbad der Zweitklassigkeit zur Geisel einer Geschäftsidee gemacht wurde. Sein ursprüngliches Profil verdankt Bourne (bürgerlich David Webb) dem CIA-Optimierungsprogramm Treadstone. Der Geheimdienst rekrutierte einen Mann mit Bestnoten in Patriotismus und benachbarten Themen. Alles ließ sich gut an, Bourne war Killer-Primus.
Im Jetzt des Geschehens ist er Renegat seit Jahrzehnten. Die gleichfalls abtrünnige Agentin Nicky Parsons (Julia Stiles) aktiviert den Untergetauchten, man trifft sich in Athen, um die Bloßstellung des ehemaligen Arbeitgebers im WikiLeaks-Modus vorzubereiten. Unruhen erschüttern die Metropole, Straßenschlachten sind bildbestimmend. Das Erwärmende des Bürgerkriegs … kategorisch kommen die Bilder aus der Somaliaästhetik von “Black Hawk Down”, dessen zitternde Urschrift Oliver Stones “Platoon” ist. Die CIA verfolgt jeden Schritt ihrer Gegenspieler an Bildschirmen und koordiniert die Einsätze von Spezialkräften. Überall warten CIA-Mannschaften im Stil der „Minutemen“ auf ihre Mobilsierung.
Gejagt vom Zweitbesten seines Schulungsjahrgangs erreicht Bourne Berlin. Er steigt bei mir um die Ecke am Kollwitzplatz ab und entkommt den wie Raketen startenden Angriffen stets um Haaresbreite. Das ist langweilig, die Kampfszenen haben zu wenig Esprit. Sie spiegeln den Hochpunkt nicht, den die Evolution der Kampfkünste mit und ohne Waffen erreicht hat.
Die Handlung ist schwach motiviert. Bourne weiß, dass nicht nur er, sondern auch sein Vater (mit tödlichen Folgen) von der CIA verschaukelt wurde. Ein Haufen state of the art und Datenunsicherheitsgedöns wie von Sascha Lobo inszeniert: dient der Bedeutungshuberei.
In der Matrix der Relevanz steckt die Botschaft: allet Schlamm außer Amerika. Die Geschichte lädt Bourne zur Heimkehr nicht ohne Verführungskraft ein. Er ist ein hervorragender Mann des Imperiums jenseits der Wälle in der Barbarei. Er hat einen Anspruch.
Doch sind die Guten nicht frei. Die Korrupten hängen ihnen am Arsch und sorgen für den Gestank der Drittewelthöllen. Die Aufhängung der Weltordnung droht in zerreißende Schwingungen zu geraten. Den Grat der Gefahr sagt ein Name an. Was den Vereinigten Staaten droht, das sei noch schlimmer als Edward Snowden.
Tommy Lee Jones spielt den bösen Agency-Direktor Dewey. Er instrumentalisiert die doppelbödig aufspielende Spitzenkraft Heather Lee (Alicia Vikander) – Agent Starling reloaded. Sie erfüllt nicht ganz die Funktion einer Seilfanganlage auf einem Flugzeugträger.

USA 2016. Regie: Paul Greengrass, mit Matt Damon, Tommy Lee Jones, Alicia Vikander, Vincent Cassel



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