DVD: Drive Angry
Von Michael Schleeh // 21. August 2011 // Tagged: Action, Exploitation, Grindhouse, Horror, Mainstream, Verfolgungsjagd // Keine Kommentare
In einer Männerfantasie auf Overdrive rettet ein aus der Hölle zurückkehrender Mörder (Nicolas Cage) das Baby seiner ermordeten Tochter aus den Fängen eines Satanistenkultes, der das Kind bei einer Teufelsbeschwörung in einem verlassenen Gefängnis dem Herrn mit den Hörnern zu opfern gedenkt.
Bereits der Vorspann macht eindeutig klar, um was es hier geht: Milton rast mit seinem Wagen durch eine flammendrot lodernde CGI-Unterwelt und schanzt mit aufjaulendem Motor über eine gesprengte Brücke ins Diesseits, die Karre bricht aus, er reißt am Lenkrad, und drückt darauf noch mehr auf die Tube, nur um bei erster Gelegenheit an einen Pick-Up voller Typen in Holzfällerhemden zu geraten, die in stressigen Situation stets ausladend mit den Kiefern auf einem Kaugummi herum mahlen und ordentlich alles vollschwitzen. Auf der Suche nach Informationen fliegen bald die ersten Körperteile durch die Luft, etwa eine abgeschossene Hand samt Wumme: Milton (Cage) geht keine Kompromisse ein. Und als das Rattenpack erledigt ist, da wendet sich der einsame Rächer in Schwarz um, schlendert davon, während hinter ihm die Szenerie in die Luft fliegt.
Patrick Lussiers Anliegen ist offenkundig nicht der Realismus. Wir sind hier, im Jahre 2011, mitten in einen comichaften Action-Exploitationfilm hineingeraten, der ordentlich grindhoust, so gut es nur geht. Neu ist das allerdings nicht, Death Proof, Planet Terror und jüngst Machete bilden das Koordinatensystem, in dem man sich befindet. Doch Drive Angry ist dem Rodriguez’schen Werk näher, als dem Tarantinos. Drive Angry zitiert ein Genre an sich, ist also in seiner Gesamtheit, seiner Anlage Hommage und Ausbeutung zugleich. Und dies ist auch das Ärgerliche am Film: die Freiheiten und ästhetischen Wagnisse des Exploitationkinos werden keineswegs gesucht, es weht nichts Anarchisches, Durchgeknalltes, Grenzüberschreitendes durch diesen Film. Er bietet lediglich von dem mehr, was uns das Blockbuster-Action und Splatter-Kino sowieso schon bietet – potenziert zwar, aber eben nicht gegen den Strich, sondern in vollstem Einklang mit den gängigen Standards. Und genau deswegen überrascht auch in Drive Angry so gut wie nichts, die Gewalt ist Comic, die ständig präsente Sexualisierung ist reiner Körperfetisch. Brüche mit Rezeptionsgewohnheiten, Herausforderungen an den Zuschauer finden sich hier leider nirgends.
So ist der aus der Hölle zurückkehrende Milton (eine Anspielung auf den Dichter John Milton, Paradise Lost) mit seinem Blondchen Piper (Amber Heard), die, und das sieht man auf den ersten Blick, recht gut Flöte zu spielen weiß – weil sie ja auch so souverän in die Eier tritt – ein schlagkräftiges Team in einem Action-Nümmerchen mit ordentlich Gore, das aber letztlich nur zu unterhalten und nicht zu begeistern weiß. Exploitationkino ist das nicht… Drive Angry ist Mainstream mit Krawall.
USA 2011; Regie: Patrick Lussier