High Life
Von Guido Rohm // 17. November 2019 // Tagged: featured // 1 Kommentar
Bordärztin Dr. Dibs (Juliette Binoche) überfraut den schlafenden Monte (Robert Patinson), sie drängt sich zwischen die Beine des durch Narkotika außer Gefecht gesetzten, sie vergewaltigt ihn, indem sie wie eine Puppenspielerin seine Hand, seinen Penis führt, um so als „Spermaschamanin“ jenes Ölvorkommen zu gewinnen, von dem sie sich in den Weiten des Weltalls den größten Gewinn erwartet: Leben!
Es ist kein Beischlaf, vielmehr ein Zuschlaf, ein Körpereinmarsch. Sie melkt mit ihrem Schoß, um so den Samen in Händen halten zu können, den sie einem jungen Mädchen namens Boyse (Mia Goth), die ebenfalls nicht bei Bewusstsein ist, einpflanzen kann, ihrem Ackerboden, den sie bestellt, damit er reiche neue Weltraumbürgerfrucht trägt.
Babys sind die kommende Währung dieser Raumschiffkammerzukunft, in der der Tod mit leichter Hand entrümpelt, was an Restleben noch vorhanden ist.
Es sind kriminell gewordene Jugendliche, die man mit einem würfelförmigen Raumschiff namens Nummer 7 in die Weiten des Universums entsendet hat, hin zu einem Schwarzen Loch, um dort, so der Plan, Energiequellen aufzutun und anzuzapfen.
Am Ende ist nur Monte und seine durch Dr. Dibs erzeugte Tochter Willow noch an Bord. Der Vater wider Willen kümmert sich rührend um Willow, er füttert sie, unterstützt sie bei ihren ersten Gehversuchen, dieses Wesen einer Welt, die nur ihren Vater noch zum Einwohner hat. Es ist ein Zweipersonenkontinent, der plötzlich von einem weiteren Raumschiff gleicher Bauart überrascht wird, in dem sich Hunde befinden, darunter ein Welpe, den Willow so gerne hätte, den ihr Monte aber verweigert.
Ein Hund ist es, der in Montes Vergangenheitsgepäck spukt, denn wegen eines solchen wurde er zum Mörder an einer Freundin, die seinen Hund umbrachte.
Überhaupt schleifen sich allenthalben Symbole wie halbtote Aliens durch die Flure des Raumschiffs, manche, auf denen man noch lange nach dem Verebben der letzten Filmbilder kaut, die man von einer Backe in die andere schiebt, die man klein bekommen will, um sie so genießbar und für den Hirnmagen verträglich zu machen, andere bleiben an den Mundwinkeln kleben, wollen so gar nicht in den Zuschauerverdauungstrakt.
An Bord ein Garten Eden, eine Art zivilisatorischer Abschlussgarten, eine Endwelt, ein apokalyptischer Schrebergarten, der nicht mehr zur Abkehr von den Übeln des menschlichen Daseins taugt, der mehr eine schale Erinnerung an eine Welt ist, die vom Menschen vor Urzeiten bereits verraten wurde.
HIGH LIFE ist wie das Leben selbst eine Versuchsanordnung, durch deren labyrinthische Flure der Mensch drängt, in der Hoffnung ein Ende zu erreichen, dessen weißes Zielband von seinem Körper erst auf dem Totenbett durchtrennt wird.
In diesem Sinne sollten wir uns also nicht über das Reiseziel Gedanken machen, sondern – wenn überhaupt – über die Ausgestaltung der Unternehmung LEBEN.
Deutschland, Frankreich, Großbritannien 2018. Regie: Claire Denis.
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