The Great Pretender
Von Jamal Tuschick // 10. Februar 2019 // Tagged: featured // Keine Kommentare
Pseudo-atavistische Basis. Der Film von Nathan Silver hat schöne Stellen.
Sie ist die Französin auf den Spuren des Englishman in New York. Sobald Thérèse (Esther Garrel) mit ihrer Mutter telefoniert, hört und sieht man wie jung und angreifbar sie ist. Als ihr „Grizzly“ wegen einer hormonellen Überschwemmung kurz vor dem kleinen Tod völlig weggetreten je t’aime rülpst, fühlt Thérèse die Wahrheit einer großen Liebe. Maman ruft die in Brooklyn Theater machende Tochter zur Ordnung. Mit dem diskreten Charme der Bourgeoisie rät die Erfahrene zu reserviertem Verhalten.
Thérèse findet Chris (Keith Poulson) so niedlich, dass sie ihn zu ihrem persönlichen Grizzly Bärchen machen möchte. Doch Chris verbirgt hinter der Maske eines mäßig zugänglichen und aller Übergriffe abholden Zeitgenossen einen abgefeimten Verbraucher mit Gonorrhoe. Er ist weder wählerisch noch kann er widerstehen. Entsprechend oft trifft ihn die Kamera in einem Bett. Sonst sitzt er in Bars oder steht auf einer Bühne, wo er, ich glaube, Thérèses Stück mit verschiedenen Partnerinnen probt.
„It‘s honest.“
„It‘s confessional.“
„What‘s the difference?“
„Honesty is harder.“
Ich begreife nicht, warum Thérèse so auf Chris abfährt. Beide sind Puppen einer Ich-Betrachtung der Regisseurin Mona (Maëlle Poesy-Guichard). Sie geht in dem Stück, das sich beinah in den Lichteinfällen der Inszenierung erschöpft, ihrer letzten Liebe nach.
„Is it my imagination/or have I finally found something worth living for? I was looking for some action/but all I found was cigarettes and alcohol.“ Oasis
Der Fotograf Nick (Linas Phillips) erscheint als gealterter Chris – zwei Libertines, lächerlich in den Spiegeln der Zeit. Inzwischen ist es ein Kunststück, als Künstler gut auszusehen. Man macht irgendwas mit Theater und ist angewiesen auf die Bedeutungsschwere von Sätzen. Es gibt nur noch mehr Wodka und uninspirierten Sex. Um ihrer Rolle gerechter zu werden, lässt sich Thérèse kurz auf Nick ein. Er soll sie beißen und beißt sie zu fest. So dass sie einen furiosen Abgang kriegt.
Um die Gleichung perfekt zu machen, kommen Mona und Nick auf der pseudo-atavistischen Basis gespielter Urtümlichkeit noch einmal zusammen. Sie verkehren im Monkey-Style à la King Kong und die weiße Frau. Ist alles nur Theater.
The Great Pretender, 2018. Regisseur: Nathan Silver, Mit Esther Garrel, Keith Poulson, Maelle Poesy, Linas Phillips