Dance Fight Love Die – Unterwegs mit Mikis Theodorakis
Von Jamal Tuschick // 24. Mai 2018 // Tagged: Dokumentarfilm, featured // Keine Kommentare
Gestrandeter Odysseus
„Dance Fight Love Die – Unterwegs mit Mikis Theodorakis“ wirkt wie ein gefilmter Reisebericht.
Der Sirtaki wurde ohne historische Verankerung zum Inbegriff des griechischen Volkstanzes. Die erste Choreografie entstand 1964 bei Dreharbeiten zu „Alexis Sorbas“. Mikis Theodorakis schrieb die Filmmusik. Anthony Quinn spielte den Titelhelden als gestrandeter Odysseus. Er verkörpert eine postolympische Lebensart und erscheint weit weg von der Realität unglaublich authentisch. Die Suggestion ist, dass er in der entscheidenden Szene eine antike Schrittfolge beachtet.
„Die Funktion von Kunst besteht für mich darin, die Wirklichkeit unmöglich zu machen“, sagt Heiner Müller. Der Sirtaki beweist diese Kraft. Er kam wie eine getanzte Fayence der hellenistischen Welt an und war doch nichts weniger als das. Asteris Koutoulas dokumentiert in „Dance Fight Love Die“ den Produktionsfuror seines Freundes Mikis Theodorakis. Er setzt Eckermannsche Liebesdienste in Passepartouts und liefert sie wie in einer Diaschau ab. Dreißig Jahre lang sammelte Koutoulas private und öffentliche Augenblicke des griechischen Nationalhelden, den die Kamera an seiner Seite nicht stört. Theodorakis lebt in einem ununterbrochenen Schaffensrausch. Er beschreibt sich als wasserscheues Luftwesen. Er rügt das Wasser für seine Eigenschaften. Er ist auf du und du mit den Elementen. Nach seinem Tod will er mit seiner Musik in den Weltraum geschossen werden. Der Himmel offenbart ihm eine Harmonie, die es unter Menschen nicht gibt.
„Wir zerstören alles“, stellt Theodorakis heiter fest.
Eine Einspielung zeigt ihn 1974 als Tribun nach dem Ende des griechischen Obristenregimes. Er singt für das Volk, das ihn hochleben lässt. Das Gegenstück zu dem Auftritt vor einer hoffnungsvollen Menge ist eine Begegnung mit Anthony Quinn Jahrzehnte nach dem Welterfolg von „Alexis Sorbas“. Die alten Männer umarmen ihre Schultern und schlurfen den Schleppschritt des Sirtaki in einem Zustand zwischen Rührung und Ironie.
Spielfilmszenen reichern die Dokumentation an, die zeitgenössische Auffassungen von Theodorakis‘ Kompositionen illustrieren. Der Meister selbst zeigt sich als Sänger und Dirigent in Moskau und Dachau.
„Dance Fight Love Die“ wirkt wie ein gefilmter Reisebericht. Theodorakis ist stets in Bewegung, er verknüpft die Kontinente mit seinen Terminen. Mehr als einmal erkennt man seine Überlebensgröße.
„Dance Fight Love Die – Unterwegs mit Mikis Theodorakis“, eine Dokumentation von Asteris Koutoulas, mit Mikis Theodorakis, Sandra von Ruffin, Stathis Papadopoulos.