Schläfer
Von Jamal Tuschick // 14. Juli 2015 // Tagged: Deutsches Kino, featured // Keine Kommentare
Feinde im Wirtshaus
Mit der Oma beten – In Benjamin Heisenbergs Spielfilm „Schläfer“ wird ein Verlierer zum Verleumder
Die zentrale Erfahrung seiner Existenz ist Ohnmacht. In diesem Zustand erlebt der Virologe Johannes (Bastian Trost) einen wissenschaftlichen Triumpf des Kollegen Farid. Mit Farid (Mehdi Nebbou) konkurriert Johannes dann auch noch zu seinem Nachteil auf dem Minenfeld der Liebe. Von der doppelten Niederlage korrumpiert, wird der Verlierer zum Verleumder. Er suggeriert dem gegen Farid ermittelnden Verfassungsschutz eine Plausibilität des Verdachts, der Orientale warte als Schläfer auf eine Terrorchance.
Kurz gesagt, geht so die Geschichte, die Benjamin Heisenberg in seinem ersten, 2006 mit dem Max-Ophüls-Preis ausgezeichneten Spielfilm „Schläfer“ erzählt. Der 1974 in Tübingen geborene Enkel des Quantenphysikers Werner Heisenberg kam von der Bildhauerei zum Film. Er beschrieb seine künstlerische Entwicklung als einen Prozess wachsender Erzähllust. Er wollte keinen miesen Charakter zeigen – der in seiner Zurückhaltung eine allgemeine Zurücksetzung ständig ausstellende Johannes betet mit der Oma. Rassismus und politische Hysterie liegen ihm fern. Autobiografisch nannte Heisenberg Aspekte seines „Schläfers“. Der Film verläuft sommerlich ruhig. Ein trügerischer Friede bildet sich in Parkszenen ab, die von Videospielsequenzen perforiert werden. Immer wieder sieht man die als Freunde maskierten Feinde behaglich in Münchner Wirtshäusern, zweimal auch im direkten Wettbewerb auf einer Go-Kart-Bahn. Situationen im Premium-Labor eines Professor Behringer (Wolfgang Pregler) und auf den Gängen der Universität leisten einer dramatischen Auffassung des Ganzen kaum Vorschub. Alle bleiben verhalten, alles bleibt in der Schwebe. Eine ambivalente Beate (Loretta Pflaum) gibt Johannes Gelegenheit, dem virilen, alle islamischen Zuschreibungen abweisenden Konkurrenten Hörner aufzusetzen. Für Beate sind die Buhler Aufmerksamkeitsspender; Trophäen im Kampf gegen Langeweile. Pflaum spielt die Krankengymnastin mit Kellnerinnenjob als leicht störbare Person, die vor allem ihrem Narzissmus, wie dem sprichwörtlichen Affen, Zucker gibt. Die intellektuellen Verehrer/Liebhaber sind Beate nicht gewachsen. … Heisenberg beschrieb seinen Miesepeter Johannes als einen, „der sich ständig selbst bescheißt“.
Spielfilm, Deutschland 2005, Regie: Benjamin Heisenberg, mit Bastian Trost