Die Abenteuer des Werner Holt

Von  //  16. März 2015  //  Tagged: , ,  //  Keine Kommentare

Sozialistischer Realismus mit Schmackes

„Schlägt‘s dich in Scherben, ich steh für zwei, und gehts ans Sterben, ich bin dabei!“ – Gilbert Wolzow glaubt an den Krieg

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Dietlinde Greiff als Marie Krüger – In der DEFA-Sternstunde „Die Abenteuer des Werner Holt“ formieren sich Dietlinde Greiff, Angelica Domröse, Maria Alexander und Monika Woytowicz zu einer Riege Holt holder Schönheiten.

Er brennt dem Krieg entgegen. Gilbert Wolzow, martialisch pubertierender Spross einer Offiziersfamilie, kennt seinen Heraklit von Ephesos. Für Wolzow ist „Krieg aller Dinge Vater“. Er baut Bomben im Kinderzimmer und referiert freihändig die Schlacht von Cannae. Im Weiteren haut er für sein Leben gern, egal wen. Auch wenn das politisch unkorrekt war, sympathisierte ich mit Wolzow, als ich Dieter Nolls Romandebüt „Die Abenteuer des Werner Holt“ las. In einer DEFA-Produktion von 1965 spielt Manfred Karge den jugendlichen Helden mit einem Hauch von Übergewicht. Sein bester Freund stochert hinter ihm her, von Nachdenklichkeit gebremst. Die Handlung schwimmt in Holts skeptischem Gedankenstrom. Als Flakhelfer setzt er sich für russische Gefangene ein, er befreit Slowaken, die auf ihre Hinrichtung warteten. Der Krieg geht ins sechste Jahr, die Front nähert sich den Reichsgrenzen und schiebt Flüchtlingstrecks und KZ-Häftlinge auf Todesmärschen vor sich her, Holt verzieht sich in die innere Emigration. Er denkt über Befehlsverweigerung nach, im Film wird daraus ein Traktat.

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Karla Chadimová kreuzt als Milena Werners Bahn außer Konkurrenz. Milena haut den wüsten Schulze tot mit der Axt. Bei der kann Holt nicht landen. Holt ist ein Womanizer. Wolzow liebt Knarren.

Andere desertieren, ein musisch besonders begabte Schulfreund von Holt und Wolzow wird von einem SS-Mann erschossen, als er sich gegen eine Barbarei empört. Aus Freunden werden Feinde – Holt richtet die Waffe auf den zum Durchhalten entschlossenen Wolzow. Es kommt viel bunter, der Film weicht von der Romanchronologie ab und schlachtet das Actionpotential der Vorlage weidlich aus. Regisseur Joachim Kunert serviert sozialistischen Realismus mit Schmackes. „Die Abenteuer des Werner Holt“ waren in beiden Darbietungsformen Kassenerfolge in der Bundesrepublik. Im „Stern“ wurde der Roman vorabgedruckt. Die Flakhelfergeneration erkannte sich grenzübergreifend wieder. Sie stand im Saft und hielt die gesellschaftlichen Läden zusammen: Das war ihre versaute Jugend, von der Noll erzählt. Er bringt seinem Holt die Zweifel in homöopathischen Dosen bei, etwa wenn Holts Vater, ein relegierter Chemiker, dem ihm systematisch entfremdeten Sohn ins Gewissen redet. Auch an dieser Stelle wird die faschistische Indoktrination nicht überwunden, aber nun weiß Werner, wozu Zyklon B eingesetzt wird. Die zermürbende Wirkung dieses Wissens spiegelt sich in Klaus-Peter Thieles Zügen. Thiele spielt Holt weniger zögerlich als Werner mir im Roman erschienen ist. Holt gefällt Mädchen und Frauen, er verliebt sich zweimal unter seinem Stand. Am Schönsten finde ich Dietlinde Greiff als Fabrikarbeiterin Marie Krüger. Holt verspricht ihr ewige Treue, sie lacht über den bürgerlichen Unsinn. Angelica Domröse, Maria Alexander und Monika Woytowicz formieren sich zu einer Riege Holt holder Schönheiten. Außer Konkurrenz kreuzt die umwerfende Karla Chadimová Holts Bahn. Die NVA spielte mit als Wehrmacht am Boden.

DDR 1965, Regie: Joachim Kunert

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