DVD: Good Vibrations
Von Michael Schleeh // 14. Oktober 2014 // Tagged: Bio-Pic, featured, New Wave, Nordirland, Punk // Keine Kommentare
Inmitten der politischen Unruhen zwischen Katholiken und Protestanten in Nordirland erblüht im Belfast der 70er Jahre die irische Punkbewegung. Maßgeblichen Einfluss hatte der Idealist Terri Hooley, der mit seiner unbekümmerten „Let’s just do it!“-Einstellung zuerst den Plattenladen Good Vibrations eröffnete und bald darauf das Plattenlabel gleichen Namens gründete. Ein Konzert der Punkbands Rudi und The Outcasts hatte den Impuls gegeben, den Stromstoß, der durch ihn hindurchgefahren war. Und ein seit langem mit gutem Grund leerstehendes Haus, mitten auf der mit Bomben vielumkämpften Hauptstraße Belfasts, bot die entsprechende Lokalität für das zukünftige idealistische Imperium.
Good Vibrations ist Bio-Pic und Musik-Doku in einem. In vielen Elementen fiktional, aber mit einer großen Liebe zum historisch exakten Detail ausgeführt. Sowohl was die Aussattung als auch was die nachgezeichneten Figuren angeht: Im Interview zum Beispiel, das sich als Bonus auf der DVD befindet, erzählen sowohl Hauptdarsteller Richard Dormer, der einen unfassbar tollen und sympathischen Terri spielt, als auch Jodi Whittaker, dessen Freundin und Frau im Film, von ihrem Bemühen, den speziellen belfaster Akzent nachzusprechen. Auch an Ausstattung und Requisiten lässt der Film nichts zu wünschen übrig: Das beginnt bei den Clubs und Bars, den Klamotten, bis hin zum Plattenladen mit seinen Unmengen an Vinyl und gesuchten Raritäten von Reggae bis Punk. Gegenkultur. Was auch immer wieder ausgiebig nostalgisch zelebriert wird: das Aufsetzen der Nadel auf die erste Rille des Vinyls.
Freilich ist Good Vibrations auch ein Film, der eine Message hat. Eine positive noch dazu. Dass ein Niemand, jenseits von politischen Querelen, persönlichen Nachteilen und teuflischen Einflüsterern alles erreichen kann, wenn er nur daran glaubt. Glücklicherweise ist Terri aber kein ernsthafter, verbohrter Weltverbesserer, sondern ein spontaner Aktionseuphoriker, der nur aus seiner Begeisterung heraus handelt. Der unangeneheme Beigeschmack eines vermeintlichen Message-Kinos hält sich dadurch etwas in Grenzen. Auch die etwas arg standardkonforme Narration des Films (Stichwort Dramaturgie: Marke Filmhochschule) kann den Film nicht grundlegend beschädigen, wenngleich sich der dem Thema Punk annehmende Film merkwürdig spießig ausnnimmt. Formale Ausbrüche sucht man hier leider vergebens. Mit seinen stets eruptiven Begeisterungsausbrüchen jedoch weiß er immer wieder den Zuschaur mitzureissen, mit der Musik sowieso. Edgy und catchy knallt sie in die Ohren, und ja, bei diesem Konzert von den Undertones, wo sie in einem kleinen Club dann „Teenage Kicks“ gespielt haben, da wäre man auch gerne dabei gewesen.
Good Vibrations: Irland/Großbritannien 2012; Regie: Lisa Barros D’Sa & Glenn Leyburn.
Die DVD/Blu-ray erscheint kommenden Freitag, dem 17. 10. 2014 im Handel. Die Ausstattung ist auf hohem Niveau, wie man das von Rapid Eye Movies gewohnt ist. Eine optisch ansprechende Veröffentlichung, die mit etlichen interessanten Bonus-Interviews und einem sehr schön gestalteten Booklet völlig zu überzeugen weiß.
Hier geht es zu einer weiteren Kritik des Films (von Alex Klotz).
Good Vibrations
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