Marble Hornets

Von  //  9. Oktober 2014  //  Tagged:  //  Keine Kommentare

So ambitious men…if they be checked in their desires…are best pleased when things go backward“ – Francis Bacon

Hornissen aus Marmor findet man in Seminaren und Projektwochen. Es handelt sich um Filmchen, die auf die Gunst eines Dozenten spekulieren, nicht auf die des Box Office. Seit dem Siegeszug des Camcorder ist die Anzahl der jungen Filmemacher gestiegen. Die meisten dieser Streifen bekommt man glücklicherweise nie zu sehen. Wer interessiert sich schon für Heim-Gedrehtes in dem der „Slenderman“ sich nicht als Hauptdarsteller aufdrängt ?

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„Marble Hornets“ schafft es das Narrativ der Detektivgeschichte und die Schnipseljagd von Adventure-Spielen in das Found Footage-Genre einfließen zu lassen. Die drei Genres verbindet die Möglichkeit künstlerisch wertvolles mit denkbar wenig Geldeinsatz zu realisieren. Gleichzeitig sind die marmornen Hornissen eine Kriegserklärung an die HBO-Serienkultur. Die Produktionskosten für eine Folge „Game of Thrones“ betragen 5-6 Millionen Dollar, für „Mad Men“ sollten etwa 3 Millionen beanschlagt werden. Eine gesamte Staffel Hornissenjagd kostet nur Zeit und Nerven. Es braucht einige Anläufe, bis man die Rohkost-Diät zum Ende durchsteht. Derweil beschäftigt einen die Frage, ob der Zuschauer mittlerweile ähnlich instinktlos ist, wie die Abgedrehten.

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Ohne Zweifel ist ein Nebeneffekt, der nun vollständig digitalisierten Welt, der Verlust der Instinkte. Ortskenntnisse tauschen mit Google Maps. Die Supermarktkasse weicht dem Dating-Portal. Desweiteren erscheint uns das Wort Toleranz als Ausdruck einer Ideologie, die zunehmend das Gegenteil meint. Das Gespür, der richtige Riecher, „das Denken mit den Eingeweiden“ (Hemingway) geht uns verloren. So übernimmt das Filmmaterial diese Funktion und klärt uns retrospektiv darüber auf, wovor wir Angst haben sollten.

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Als der Protagonist Jay zum Ende der ersten Staffel in aller Überdeutlichkeit vermittelt bekommt, dass nichts mehr so sein wird wie es mal war, ist es bereits zu spät. Das Überkorrekte des Normcore-Nerds entpuppt sich als Fallstrick. Ganze Monate verschwinden aus seiner Erinnerung. „All I can remember is on the tape now.“ Der Cliffhanger ist geglückt und der Zuschauer hofft auf weitere Bröckchen.

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Klar, „Marble Hornets“ ist spätestens ab Staffel 2 einzig und allein eine Satire auf den derzeitigen Serienwahn und Staffel 1 darf exemplarisch für die Bezeichnung Slow Burner herhalten. Glücklicherweise machen Regisseur Troy Wagner und seine Mannen nicht den Fehler vieler Found Footage-Streifen, die Umgebung zu erklären. Der Charme einer Camcorder-Aufnahme liegt ja gerade darin, dass die Umgebung den Abgefilmten selbstverständlich ist. Mattherzig spielen sich die Darsteller dem Irrationalismus entgegen. Am Ende kann eigentlich nur eine weitere Hoax folgen.

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