Korla Pandit Adventures in Music
Von Joris Julius-Sabinus // 30. Dezember 2013 // Tagged: featured // Keine Kommentare
Als im Jahr 1947 der Radartechniker Klaus Landsberg seinen neuen Job bei dem Fernsehsender KTLA antrat, gab es im Großraum Los Angeles noch kein übergreifendes TV-Netzwerk. Das Geld war knapp und etwas Exotisches musste her. Da kam er auf die Idee eine Musiksendung auszustrahlen – „Musical Adventure“. Zwischen 1949 und 1951 lief diese Sendung drei Mal die Woche. Sein Hauptdarsteller war Korla Pandit.
Obwohl der Großraum Los Angeles schon damals „exotische“, also Nicht-Weiße TV-Darsteller kannte, wussten die Wenigsten etwas über Indien. Im Jahr 1952 brachte die Firma „House and Garden“ eine Werbung ins Programm, die dem Interessierten „the magnificent patterns and colors of India“ zum Kauf anboten und selbst das wäre wohl nicht möglich gewesen wenn 26 Jahre zuvor nicht ein Anwalt dafür geklagt hätte, dass Inder vor dem Gesetz wie Weiße zu behandeln sind und somit nicht unter das 1917 entstandene Gesetz fallen, dass die Immigration von Asiaten streng begrenzte. Desweiteren bildete das Buch „Autobiography of a Yogi“ von Paramhansa Yogananda eine entscheidene Rolle die Öffentlichkeit zu prägen. Yoganandas Buch wurde über eine Million Mal verkauft, in 19 Sprachen übersetzt und im „Time“ und „Newsweek“ Magazin besprochen.
In diesem kulturellen Rahmen entfaltet sich nun Korla Pandit. Unnötig zu erwähnen dass er kein einziges asiatisches Instrument beherrscht, aber auf dem Novachord und der Hammond C-3 war er ein junger Gott. Bereits im Jahr 1948 zeichnete er sich allein für die Musik in der Serie „Chandu the Magician“verantwortlich.
Er passte perfekt in das indische Klischee der 1950er, obwohl ihm die Idee mit dem Turban wohl erst während des Drehs für „Chandu“ kam. Bela Lugosi spielte bei der Outfitgestaltung sicherlich auch eine Rolle.
Die Sendung an sich ist schon merkwürdig monoton. 900 Folgen und Korla spricht dabei nicht ein Wort. Manchmal ist er ganz allein, manchmal begleiten ihn Tänzerinnen, hier und da tauchen Sitar- und Flötenspieler auf.
Aus heutiger Sicht sieht er einfach nur lächerlich aus: ein mit Juwelen besetzter Turban, eine süffige Tunika und zwei Finger breit aufgetragener Eyeliner. Dazu noch eine Biographie, die jeder Zehnjährige als Lüge entlarven würde. Angeblich in Neu Dehli geboren. Die Mutter war Opernsängerin und der Vater brahmanischer Priester.
Korla Pandit scheint von dem Wunsch umtrieben zu sein die Wände einer Gebärmutter erneut von innen zu betrachten. Sein Blick ist die Verkörperung von Sinnstiftung, die von vornherein Erkenntnis abwehrt. Seine Funktion besteht darin Träume süß zu halten. Das gelingt durch sein „übernatürliches“ Talent – das Schweigen. Durch seine bloße Anwesenheit verkleben Melodien zu Zuckerwatte. Droht ein Zuschauer einmal an seiner eigenen Ohnmacht oder der Handlungslosigkeit der Sendung zu verzweifeln, sorgt Korla Pandit dafür, dass diese schmerzhaft aufblitzende Erkenntnis sofort einer Harmonie wieder herstellenden Lüge weicht. Es gelingt ihm einen jeden in seinen dumpfen, bedeutungslosen aber wunderschönen Traum zu (re)integrieren.
1951 wurde die Sendung eingestellt. Auch dazu schwieg Korla. Allerdings gab er auf dem Gipfel seiner Popularität ein Konzert in Pasadena und erhielt dafür die damals horrende Summe von 3000 Dollar. Danach geriet er in Vergessenheit. Dem „Los Angeles Magazine“ sollte man es nie verzeihen, dass sie seinen wahren Namen, John Roland Redd, an die Öffentlichkeit weitergaben. Schließlich war es Korla Pandit der der dumpfen Vorhölle der Vorstadt ein wenig Glanz über den Fernsehschirm zugestand.