Sing, Inge, sing! – Der zerbrochene Traum der Inge Brandenburg

Von  //  24. Februar 2013  //  Tagged: , , ,  //  2 Kommentare

ingebrandenburg
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Brandneu ist er nicht mehr, dieser Film, aber auch noch kein Klassiker. Formal ist er recht konventionell geraten. Warum dann diese Rezension? Weil die Protagonistin ziemlich hard boiled war. Weil ihr filmreifes Leben zunächst einem Trümmerhaufen, dann einer Achterbahnfahrt glich. Weil es gestern vor 14 Jahren (kläglich) endete. Weil ich endlich einmal etwas über Inge Brandenburg schreiben wollte. Und weil mich mit dem Ganzen eine persönliche Geschichte verbindet.

Aachen, vor ziemlich genau sieben Jahren. Die Mutter eines Freundes besucht mich an meinem Arbeitsplatz (in einem Plattenladen) und sagt sinngemäß: „Neulich musste ich noch mal an Inge Brandenburg denken. Die traurige deutsche Jazzfrau mit dem dunklen Timbre, aus meiner Jugend. Kennst du die? Ich hätte gerne alles von ihr, was du auftreiben kannst“.
Natürlich kenne ich die Sängerin zu diesem Zeitpunkt nicht. Natürlich kann ich immerhin einen Teil ihres Materials auftreiben, wenn auch nur auf einer ziemlich überteuerten CD, deren Lieferung aus Hinterpusemuckel eine halbe Ewigkeit dauert. Als die Compilation endlich eintrifft, bin ich begeistert. Nicht von den zahlreichen grausigen Schlagern und Beatnummern, sondern von einigen hoch intensiven Jazz-Interpretationen wie „All of Me“ oder „Lover Man“ – aber auch von der clever arrangierten Pop-Nummer „Es ist doch immer wieder schön“. Das soll eine Deutsche Ende der 50er/Anfang der 60er aufgenommen haben? Eigentlich unmöglich. Ich konserviere die besten Songs, packe sie ein paar Mal auf persönliche Mixe – und vergesse Inge Brandenburg nach einer Weile wieder.

Ein Flohmarkt in Berlin, knapp drei Jahre später. Kurz bevor ich nach Hause gehen will, entdecke ich in einer Grabbelkiste eine alte 7″ – Inge Brandenburg singt „Don’t take your love from me“ und drei andere Pop/Jazz-Standards. Das Pressdatum auf der Rille sagt: 1960. Zuhause höre ich die grandiose (und extrem rare) EP rauf und runter. Ich schmeiße alle Suchmaschinen an, um mehr über die Frau mit dieser tollen, melancholischen Stimme zu finden. Wikipedia hat nur ein paar Zeilen im Angebot, einschlägige Jazzforen liefern wenig mehr.

Klar ist folgendes: Inge Brandenburg, Jahrgang 1929, geboren in Leipzig, hatte das Zeug, eine der größten Jazzsängerinnen Europas zu werden: zu Beginn ihrer Karriere flippten Kritiker und Festivaljuroren regelrecht aus. 1999 stirbt die Musikerin jedoch verarmt und vergessen in einer kleinen Münchener Mietwohnung. Und das hat zu tun mit: einer furchtbaren Kindheit, den Nazis, einer Vergewaltigung, dem spießigen Musikgeschmack in Deutschland, windigen Plattenproduzenten, ausgeprägtem Querulantentum und heftiger Alkoholsucht.
Mein Interesse ist geweckt, ich plane ausgiebige Recherchen, Blogreihen, Kurzbiographien – und schmeiße alles über den Haufen, als ich in einer Pressemitteilung lese, dass Marc Boettcher eine großangelegte Doku über Inge Brandenburg drehen möchte, weil ein Sammler auf einem Münchener Flohmarkt über ihren Nachlass gestolpert ist.

Eben diese Doku, von Edition Salzgeber 2011 in die Kinos gebracht, seit Mitte 2012 auf DVD erhältlich, habe ich nun Anfang des Jahres meiner Sammlung hinzugefügt – und in diesem Zusammenhang die “Ingemania” noch einmal aufleben lassen. Dass der Film aktuell für den Grimmepreis nominiert ist und der passende Soundtrack soeben den Preis der deutschen Schallplattenkritik abstauben konnte – reiner Zufall, ich schwöre es.

“Sing, Inge, Sing” ist keine überragende Dokumentation in dem Sinne, dass sie außergewöhnliche Bilder liefert (Ausnahme: einige längst verschollen geglaubte Fernsehaufnahmen in stilvollem Schwarz-Weiss). Sie ist auch nicht übermäßig clever montiert. An einigen Stellen nervt sie sogar, nämlich dann, wenn sich der Regisseur als Inge-Brandenburg-Experte selbst vor die Kamera setzt. Dennoch: Durch eine umfassende Auswertung privater Aufzeichnungen und Souvenirs und z.T. schonungslos offene Interviews mit allen möglichen Musikmenschen (Wolfgang Dauner, Joy Fleming, Peter Herbolzheimer, Joana, Udo Jürgens, Emil Mangelsdorff, Fritz Rau und zig andere) entsteht nach und nach das vielschichtige Bild einer gleichermaßen hoch begabten wie bedauernswerten Jazzsängerin, die das Time-Magazine seinerzeit in einem Atemzug mit Billie Holiday genannt hat. Dass Inge Brandenburg tatsächlich in der musikalischen Premier League anzusiedeln ist, belegen die zahlreichen Konzert- und Studiomitschnitte im Film. Ihre grandiose Altstimme und ihre Art der Interpretation “berühren die Seele”, wie Fritz Rau es treffend ausdrückt.

Mit solchen Qualitäten alleine lässt sich jedoch keine Karriere aufbauen – schon gar nicht, wenn die äußeren Umstände so drastisch sind wie im Fall von Inge Brandenburg. „It’s the wrong time and the wrong place / Though your face is charming, it’s the wrong face“ singt sie in einem Cole-Porter-Song, den man als Dreh- und Angelpunkt des Films bezeichnen könnte. Wer mehr über das Warum erfahren will, dem sei “Sing! Inge, Sing! – der zerbrochene Traum der Inge Brandenburg” trotz der genannten Schwächen ausdrücklich empfohlen. Und ich lege jetzt noch mal die 7” auf.

Deutschland 2011, Regie: Marc Boettcher


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Sing! Inge, Sing!


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Über den Autor

Alexander Plaum achtet seit frühester Jugend darauf, eine üppige Film- und Musikdiät zu pflegen und - sofern er Zeit hat - den Mediengenuss auch in kleinen Texten zu verarbeiten. In den letzten Jahren hat er u.a. für das O'Reilly Blog, soundmag.de und satt.org geschrieben. Seit dem 01.04.14., 14:14Uhr versucht er, seine neue Seite www.lxplm.net mit interessantem Content zu füttern.

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