Santa and the Ice Cream Bunny

Von  //  22. Januar 2012  //   //  1 Kommentar

„What is that? What is that I hear? Where’s it coming from? I hear a siren, but I don’t see any fire, I don’t see any smoke. Whenever there’s a siren, it means there’s a fire, but I don’t see any smoke. That siren. Where is it coming from? Where’s that sound coming from?“

Ist es nicht zu spät für einen Weihnachtsfilm? Aber nein: Es ist nie zu spät für das Eiskaninchen. Ich will es euch erzählen…

Nach einem Prolog, in dem Santas Elfen etwas fast komplett Unverständliches singen, sehen wir: Santa Claus ist in Florida gestrandet. Sein Schlitten steckt rettungslos etwa 2 cm im Sand fest, die Rentiere sind hitzebedingt abgehauen und alles scheint verloren; eine unglaubwürdige Erzählerinnenstimme beteuert zwar, dass ihm etwas einfallen würde, aber er jammert nur einige Zeit herum und singt dann den Song „Woe is me“, mit dem er aber immerhin auf mystische Weise Kinder aus der Nachbarschaft herbeiruft, die durch schäbige Vorstädte und eine Müllhalde zu Hilfe eilen, um vermittels verschiedener Tiere den Schlitten aus dem Sand zu ziehen. Doch selbst der Mann im Gorillakostüm scheitert, Tom Sawyer und Huckleberry Finn sehen zu, spielen aber weiter keine Rolle, und Santa versucht schließlich weniger die Kinder als sich selbst mit der Ermahnung zu trösten, man müsse glauben, Vertrauen haben müsse man, egal worin, einfach glauben, dann würde schon alles gut werden, jawoll. Und um diese Philosophie zu untermauern, erzählt er ihnen die Geschichte einer jungen Frau, die bekifft durch einen ranzigen Vergnügungspark streunt und sich in einem Schauraum von einer Lautsprecherstimme das Märchen von Däumelinchen erzählen lässt.

(Hier sollte eine Infografik erstellt werden: Erzählerin erzählt von Santa -> Santa erzählt von Mädchen -> Lautsprecher erzählt Mädchen von Däumelinchen -> wir sehen das Märchen. Auch wäre ein starker Kaffee nett. Danke.)

Die Andersen-Verfilmung war ursprünglich ein eigener Film, um den herum der Rest gedreht wurde; man lobt ihn am ehrlichsten, wenn man sagt, dass er die Geschichte Andersens – die Protagonistin wird erst von einer Froschmutter für ihren Sohn geraubt und soll dann mit einem alten Maulwurf verkuppelt werden – einigermaßen getreu nacherzählt und folglich für Kinder und Jugendliche nicht geeignet ist; das Happy End mit den Blumenkindern macht die Geschichte nicht erträglicher. Auch wird gesungen, aber nicht von Sängern; zwischendurch sehen wir immer wieder den Lautsprecher. (Oh, vieles gäbe es über diesen Film zu berichten: Die Erschaffung von Däumelinchen aus einem Saatkorn, die irgendwie noch kränker aussieht als die herkömmliche Methode, der spektakuläre Schock-Einsatz des einzigen Spezialeffektes, die „Which way did he go, George?“-Stimme des Frosches, die hintergründige Entsetzlichkeit des Vogels, das endlose Gelaber der Maulwurfspießer, bis man den Bau trotz der bavaesken Ausleuchtung seiner Nebenhöhlen fluten mag…)

Dann ist diese Geschichte aus – das Rahmenhandlungs-Mädel geht ins Freie und singt noch einmal, wir sehen unter vielen Aufnahmen des ranzigen Vergnügungsparks noch den Nachspann des Kernfilms (wo ist mein Kaffee?) und kehren schließlich zurück zum schwitzenden Santa, der noch immer keine Idee hat. Doch was ist das? Was hören wir da? Wer sonst sollte es sein als das Eiskaninchen (ein Mann in einem entsetzlich schäbigen Hasenkostüm), das in einem antiken Feuerwehrauto anrollt, was die Passanten wohlweislich ignorieren, während die mitfahrenden Kinder die Münder zu einem Lied auf- und zumachen, das wir gottseidank nicht hören, weil der Soundtrack minutenlang trotzig nur die Feuerwehrsirene zulässt, unter der sich Musikreste winden, bis sich am Ende der Gesang hervorwagt, was der Sirene aber auch wurscht ist. Wir bekommen ausführlich gezeigt, wie ein Hund das Kaninchen voll berechtigter Empörung ankläfft, als wäre der Film seiner selbst überdrüssig. Und wen wundert’s? Seht euch an, wie das linke Auge des Kaninchens beim Auf- und Zuklappen steckenbleibt. Hört Santa Claus einen hilflosen Small Talk-Monolog führen, während das Kaninchen nur stumm herumschwankt, als leide es unter einer schweren Nervenstörung. Wieso gibt es soviel Leid in der Welt? Manisch nicken die Kinder einander zu, als hätte jemand eine zu bestätigende Aussage getroffen, was aber nicht der Fall ist. Und während der Soundtrack auf einem Kamm bläst, wippt wieder das Kaninchen, und es blickt dabei in die Kamera! Seid leise! Bewegt euch nicht! Sonst wird es euch finden…

Ich will mich kurz fassen. Der Film geht seinem Ende entgegen, und nun, da sich Santa Claus und das Eiskaninchen zusammengetan haben, wird – doch was ist das? Die Tür geht auf – eine riesige weiße Pfote – die SIRENE, mein Gott, die SIRENE!!! Ich muß —-

USA 1972, Regie: R. Winer & Barry Mahon


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Über den Autor

Andreas Poletz (1185 bis 1231), aus Chorazin gebürtig, beschrieb seine Seele als »einen schrecklichen Sturm, umhüllt von ewiger Nacht«, und behauptete, dass er aus Verzweiflung begann, seine Hände und Arme zu zerfleischen und mit den Zähnen bis auf die Knochen zu zernagen (incipit manus et bracchia dilacerare et cum dentibus corrodere useque ad ossa). Ist aber nicht wahr.

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