Der Biss der Schlangenfrau
Von Guido Rohm // 13. Dezember 2019 // Tagged: Britisches Kino, Horror // Keine Kommentare
Freud hätte seine Freude am BISS DER SCHLANGENFRAU gehabt, seine deutende Freude, denn hier kann man deuten, was nicht niet- und nagelfest ist, allenthalben stolpert man über Schlangensymbole, also Phalli, die in Form von Garten- und Staubsaugeraschläuchen herumliegen, so viele, dass man ganz geschlaucht von diesem Fest der Zeichen ist, und dies in einem Film, den man nur ernst nehmen kann, wenn man ihn nicht ernst nimmt.
Zu Beginn wird gegraben, denn nur wer gräbt, stößt in die Tiefen des Unterbewusstseins vor, in diesem Fall findet der schottische Archäologe Angus Flint (Peter Capaldi) auf dem Anwesen der Schwestern Mary und Eve Trent (Sammi Davis und Catherine Oxenberg) den skelettierten Kopf eines Was-auch-immer, später wird sich herausstellen, dass es das Haupt einer Riesenschlange ist, die von einem Vorfahr Lord James D’Amptons (Hugh Grant) getötet bzw. zweigeteilt wurde, was den Rückschluss zulässt, da könnte etwas überlebt haben.
Wir befinden uns mitten in einer Bram-Stoker-Gruselgeschichte, die sich Regisseur Ken Russell zu einer Ken-Russell-Blasphemie-Nonnenschänder-Sigmund-Freud-Erotik-Schauermär im poppigen Trashgewand umerzählt.
Erotikdreh- und Sexangelpunkt ist Sylvia Marsh (Amanda Donohoe). Als Fetischgöttin sitzt, steht, liegt und fährt sie so stilvoll in der Gegend herum, dass es eine wahre Todesfreude ist, sie beim Verführen und Opfern zu beobachten. Sie trägt stets das richtige Kostüm und den richtigen Umschnalldildo, sodass es einen nicht wundern muss, wenn sich Jung und Alt ihrem hypnotischen Blick willig hingibt. Schlussendlich soll dem Schlangengott Dionin, der wie ein Pariser Modehaus klingt, eine Jungfrau dargebracht werden, was okay ist, wenn es im hippen Haute-Couture-Schlangenverwandlungsblau geschieht; vor allem, wenn der aus der Tiefe drängende Schlangengott (Master Dick himself) derartig nach einer überfressenden Gummiente aussieht, dass eine echte menschliche Mahlzeit in Form der einst beim Denver-Clan agierenden Oxenberg, hier als Model für Dessous, nicht schaden kann.
Hugh Grant spielt gekonnt selbstironisch auf, er, der irgendwann in seiner Selbstironie hängengeblieben sein muss. (Dort hängt er nun fest und lächelt sich mal mehr, mal minder ironisch von Film zu Film.)
DER BISS DER SCHLANGENFRAU beißt nicht wirklich zu, er tut nicht weh, es bleibt nicht einmal eine Wunde. Es ist ein Film, der der Fantasie von Pubertierenden in den 80ern auf die Sprünge geholfen haben kann, ein Film, den man in jenen Jahren vielleicht als provokant empfand, der aber bei einer heutigen Sichtung eher ein müdes Lächeln entlockt.
Drei von zehn Umschnalldildos.
The Lair of the White Worm, Großbritannien 1988. Regie: Ken Russell