Baby Blood
Von Guido Rohm // 25. November 2019 // Tagged: featured, französischer Film, Horror // Keine Kommentare
Ein Film aus den neonröhrenbeflackerten Fluren vergangener Videothekenzeiten. Ein Film, der, würde man ihm olfaktorisch auf die Spuren kommen wollen, nach alten, von zahllosen Schuhen zertretenen Auslegewaren und dem abgestandenen Schweiß einer aufgeschwemmten bebrillten und nach billigen Filmen süchtigen Aushilfskraft riechen würde.
Das Böse in BABY BLOOD ist alt, so alt, dass es im Grunde schon lange die Lust an sich selbst verloren haben müsste, wenn es, schreiben wir es horrormäßig groß, wenn ES überhaupt schon zur Welt gekommen wäre, was ES nicht ist. Also lässt ES sich im Körper eines Leoparden (un)heimlich aus Afrika in den Norden Frankreichs verschiffen, denn, das scheint dem urzeitlichen Monster klar, wenn schon eine Frau, dann eine großbusige Französin. Halt! Wenn BABY BLOOD etwas nicht ist, dann ein Film, der die Großkotzigkeit aufgegeilter Männerphantasien befriedigt. Eher zerfleischt er sie.
ES kommt in einem Zirkus an, lässt seine Leopardenverkleidung platzen, kriecht und schleimt sich als Penisschlange bzw. Schlangenpenis in die Vagina der dort von allen Männern missbrauchten und umhergeschubsten Yanka, gespielt von Emmanuelle Escourrou, denn ES muss erstmal eine Frau schwängern, um sich selbst zu gebären. Klingt irre, könnte aber im urzeitlichen Monsterkosmos so gang und gäbe sein. Vertrauen wir mal eine Logik, die uns logischerweise gar nicht zugänglich ist.
Die Kamera drängt sich an den nackten Körper von Yanka, sie betatscht sie, greift nach ihren Brüsten. Kameraarbeit als Mittäterschaft, um den gewaltenvollen männlichen Blickübergriff deutlich zu machen. Yanka ist durch und durch Opfer eines Patriarchats, das über sie verfügt, wie es Schwanz und Hände wollen. Aber – und jetzt kommt die gute Nachricht – dank dem aus Afrika eigereisten Parasitendämon ist damit jetzt Schluss. ES verlangt nach Blut, viel Blut, denn ES will wachsen, um so gestärkt schlüpfen zu können. Also wird gekillt, was die Männerherde hergibt. Willkommen zum fröhlichen Schlachtplattenschmaus. Und irgendwie weint man keinem der idiotischen Sabberlappen, die Yanka über den blutigen Weg laufen, hinterher. Guten Appetit also! Yanka, schwanger, entflieht vor ihrem Zirkuspeiniger in eine Wohnhölle, in eine Ruine, die von Ruinen bewohnt bzw. zerlebt wird. Ein Mord mehr oder weniger fällt in diesem Vorhöllensozialbau nicht weiter auf.
BABY BLOOD ist ein, man könnte sagen, nahezu feministischer Film. Aber eben nur nahezu. Denn Yanka bleibt nicht wirklich selbstbestimmt. Zu schön, in einem radikal feministischen Sinne, wäre es, wenn sie aus reiner Selbstbefreiungslogik töten würde. Dem ist nicht so, weil ES über ihren Körper herrscht und den Bluttrank einfordert. Die Schwangerschaft ist ein Stück weit Komplizenschaft, aber auch Teil einer weiteren Eroberungsgeschichte, die von einer Fremdherrschaft über Yankas Körper berichtet. Die wahren Monster bleiben in diesem Film die Männer. Sie tatschen und vergewaltigen sich durch eine Welt, die sie mit ihrer Gewalt schwängern wollen, damit sie am Ende ihren eigenen Untergang austrägt.
Was an BABY BLOOD gut tut, ist, dass die Frau zurückschlägt, dass sie zur Rächerin ihres Körpers wird, eines Körpers, der durch eine Schwangerschaft abermals unterjocht wird. Die Schwangerschaft ist so Teil und Lösung des Problems. Es bleibt kompliziert. Und gewalttätig.
Frankreich, 1990. Regie: Alain Robak
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