The Poet and the Boy
Von Jamal Tuschick // 3. November 2018 // Tagged: Asien, featured // Keine Kommentare
Lazy sperms or low sperm motility. Homosexualität im koreanischen Kino.
Südkoreas höchster Berg, der ruhende Schildvulkan Hallasan, hat seine eigene Insel. Jeju ist ein nationalistisch konnotiertes Ausflugs- und Urlaubsziel. Man verbringt da seine Flitterwochen. Auf Jeju leben noch Haenyeo – Apnoetaucherinnen – die Meeresfrüchte traditionell ernten. In dieser rustikalen Honeymoon-Pittoreske vertrottelt ein Dichter vor lauter Sehenswürdigkeiten in einem tristen Stück Alltag. Taekgi ist introvertiert und eigensinnig. Er unterrichtet ein bisschen. Die meiste Zeit verbringt er im Selbstgespräch. So ungeeignet für die Ehe, ist er selbstverständlich mit einer zupackenden Person verheiratet. Das Zusammenleben beschränkt sich auf gemeinsame Mahlzeiten, zubereitet auf einem Campingkocher im Wohnzimmer. Hye Jin Jeon spielt die Robuste so als fände sie ihren Dichter niedlich in seiner totalen Verweigerung. Sie führt keine in der Sprachlosigkeit erstarrte Ehe, vielmehr hält sie sich den Gatten als Haustier.
Yang Ik Joon gibt den somnambulen Deppen. Normalerweise spielt er Boxer und Gangster. In einem Gespräch kam er über Gewichtsprobleme nicht hinaus. Es sei ihm schwergefallen, Taekgi so konturlos und verfettet zu verkörpern, wie ihn Regisseurin Kim Yang-hee haben wollte.
Bei Taekgi ist alles reduziert – auch die Mimik, die Spermienproduktion und die Beischlafaktivitäten. Mit seiner Frau schläft er nur nach strengsten Ermahnungen. His final destination ist eine Donut-Bäckerei. Da stopft er sich mit Süßigkeiten voll und schmachtet den jugendlichen Verkäufer an.
Das erotische Interesse covert Taekgi mit pädagogischen und fürsorglichen Floskeln. Ich glaube nicht, dass dieser pädophile Schwank in Deutschland sich noch so inszenieren ließe. Als Taekgi das von Jung Ga ram gespielte Objekt des Begehrens beim Klosex mit einem Mädchen beobachtet, bestaunt er die Bandbreite der eigenen Erregung.
Die süße Lethargie endet in dem Wunsch der Ehefrau, schwanger zu werden wie alle Welt. Die Erzählung verweilt an dieser Stelle. Gelangweilt vom beruflichen Erfolg, will die Heldin sich von einem zur Mutter machen lassen, der von der Liebe nichts weiß. Sie erklärt ihm: „Liebe ist, wenn du die Scheiße deinem Geliebten (deiner Geliebten) aus dem Arsch lecken willst.“
Es scheint ihr aber egal zu sein, dass Taekgi sie nicht liebt, so er nur an ihren fruchtbaren Tagen das Nötigste tut. Sie lässt die Qualität seiner Spermien testen. Die Spezialistin stellt fest: Taekgi produziert wenig und zudem mindere Qualität.
Die Frauen in der Praxis amüsieren sich über das Fazit, als gelte die Diagnose einem Hamster. Taekgi macht das richtige Gesicht dazu. Er fühlt sich wohl in der Rolle des Taugenichts. Nun stellt er seinem Verkäufer nach, der in die unterste Gesellschaftsstufe hineingeboren wurde. Taekgis Werbung ist nicht ungefährlich.
In der offiziellen, den Film begleitenden Darstellung erscheint Taekgi als tüchtiger Dichter und selbstloser Vaterersatzdienstleistender. Jedoch muss mit dem Klammerbeutel gepudert sein, wer diese Schilderung in Kenntnis des Films für zutreffend hält.
Korea 2017. Regie: Kim Yang-hee. Mit Yang Ik Joon, Jung Ga ram, Hye Jin Jeon