Ein Unding der Liebe
Von Alex Klotz // 2. Februar 2017 // Tagged: Angst im Kapitalismus, Deutsches Kino, featured, Männer während der Verwurstung, TV // 4 Kommentare
Georg Bleistein hat einen Job in einer Kaufhausküche und wohnt bei seiner sehr religiösen Tante und Oma. Seine Mutter ist Alkoholikerin und Prostituierte und hat ihn irgendwann abgestoßen, sein Vater ist schon vor seiner Geburt verschwunden. In seiner Freizeit beschäftigt sich Georg hauptsächlich mit Bier, Schnaps und Pornoheften: Seine wuchtige Gestalt und sein naives Gemüt machen ihn zum Außenseiter in einer von oberflächlichen Normen bestimmten Gesellschaft…
Diesen TV-Zweiteiler hatte ich mit 17 Jahren bei seiner urspünglichen Ausstrahlung im ZDF gesehen und er hat sich mir deutlich eingebrannt. Ich wollte ihn immer noch mal sehen, aber er erschien nie auf Video oder DVD, möglicherweise gab es Wiederholungen im Fernsehen, die habe ich dann aber verpasst. Bei einer Google-Bildrecherche zu Der Liebe auf der Spur, eine Serie, die auf dem 16. außerordentlichen Filmkongress des Hofbauer-Kommandos gezeigt wurde und ebenfalls 1988 entstand, stieß ich zufälligerweise wieder auf den Film und stellte fest, daß er mittlerweile auf youtube verfügbar ist. Die Sichtung, wenige Tage nach Ende des Kongresses, katapultierte mich dann direkt ein wenig zurück vom Regenvermatschten Aachen ins verschneite Süddeutschland, auch wenn der Film zum Teil in München und nicht in Nürnberg spielt. Die Adaption des Romans von Ludwig Fels ist ein hervorragendes Beispiel für das Potential deutschen Fernsehschaffens, umso unverständlicher, daß sie so in Vergessenheit geriet.
Die Bildgestaltung kann durchaus mit einem Kinofilm mithalten, aber vor allem das Ensemble läßt keine Wünsche offen: Erich Bar in der Hauptrolle ist unglaublich gut, aber auch jede einzelne Nebenrolle ist perfekt besetzt mit charismatischen Mimen wie Doris Kunstmann, Ingeborg Lapsien, Trude Breitschopf, Ursula Dirichs, Walter Buschhoff, Rolf Zacher und Wolfried Lier. Man kann schon verzweifeln an diesem Georg Bleistein, der mal wie ein Kind herumtappst, die Fäustlinge am Mantelärmel befestigt, dann wieder säuft und flucht, vor allem aber, wenn ihm dann mal von anderen Figuren etwas Sympathie entgegengebracht wird, immer genau die falschen Entscheidungen trifft, so daß Glücksgefühle für ihn immer nur von kurzer Dauer sind. Ein wenig erinnert seine Geschichte auch an einen modernisierten und verfinsterten Dickens-Stoff und das weihnachtliche Setting passt dazu auch recht gut. Sehr toll!
Deutschland 1988, Regie: Radu Gabrea
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4 Kommentare zu "Ein Unding der Liebe"
Der Film ist zur Zeit fast überall erhältlich da er von Pidax neu im Sortiment auftaucht.
https://www.pidax-film.de/Serien-Klassiker/Ein-Unding-der-Liebe
Ah, sehr gut! Vielen Dank für den Hinweis!
Den mindestens genauso guten Roman ereilte leider ein ähnliches Schicksal: Er geriet in Vergessenheit und war lange Zeit nur noch antiquarisch erhältlich. Mittlerweile wurde er von einem engagierten Kleinverlag wieder aufgelegt, siehe https://arsvivendi.com/Buch/FromList/9783869134147-Ein-Unding-der-Liebe.
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