Entertainment
Von Guido Rohm // 9. September 2016 // Tagged: featured // 2 Kommentare
Der neue Film von Regisseur Rick Alverson, bietet vor allem eins nicht: Entertainment. Ein namenloser Comedian tourt durch kleine Clubs, zu Anfang auch durch ein Gefängnis, wo er seine flachen Witze zum Besten bzw. Schlechtesten gibt. Zwischendurch versucht er Kontakt mit seiner Tochter aufzunehmen, von der er sich entfremdet hat.
Entfremdung herrscht in diesem Film allerorten, sei es zu Beginn, wenn der Comedian einen Flugzeugfriedhof besucht, sei es, wenn sein Publikum ihn mit Befremden betrachtet, nicht lachend über Witze, die keine sind, sei es die Landschaft selbst, die Mojave-Wüste, in der er sich – sich selbst entfremdet – lustlos bewegt.
Entertainment ist eine Art Antiunterhaltungsfilm, eine Abgesang auf eine Unterhaltungsindustrie, die in ihrer eigenen Endzeit angekommen ist. Trotzig, als würde dem Comedian das Publikum etwas schulden, fordert er Lacher – die Leute beleidigend – ein.
Entertainment, eine Fuge in Depressions-Moll, schleppt sich träge wie ihr Akteur dahin, wohl wissend, dass es kein Ziel mehr gibt.
Man braucht schon gute Laune, um sich von einem solchen Film nicht runterziehen zu lassen.
Was bleibt von einem Menschen, wenn er nicht mehr unterhalten wird, wenn alle Unterhaltung versiegt?
Entertainment zeigt einen Menschen, der keine Lachnummer, nicht mal mehr eine Luftnummer, sondern eine zutiefst in sich gefangenen Persönlichkeit ist.
Und wir Zuschauer? Wir gieren nach einem Moment der Unterhaltungserlösung, den es nicht gibt. Am Ende wirft der Film auf uns selbst zurück. Wer sind wir, wenn wir nicht unterhalten werden?
Staubtrocken wie die Wüstenlandschaft, in der er spielt, ist der fehlende Humor des Films, so staubtrocken, dass er uns im Hals steckenbleibt. Fehlender Humor, werden Sie fragen, was soll das sein? Die Abwesenheit von etwas kann auch erzählt werden, so wie die Abwesenheit von Godot etwas erzählt. Abwesenheitsberichte, die vom Warten leben. Leben als Wartezimmer, Leben als Warten, das durch Entertainment eine Befreiung erfahren soll.
Der Comedian wartet: darauf dass seine Tochter sich meldet, dass sein Humor ihn aus der Wüste in Scheinwerferlicht katapultiert, dass er Erlösung findet.
In der letzten Szene sitzt der Comedian auf dem Bett und lacht, sich selbst im Fernsehen betrachtend, bis sein Lachen ins Weinen kippt. Nein, er ist nicht lustig. Von dieser Unlustigkeit erzählt Entertainment.
USA 2015, Regie: Rick Alverson
2 Kommentare zu "Entertainment"
Sehr zutreffende Review. Wir hatten den ja neulich in der Bildstörungreihe und er hat den Saal ziemlich geflashed. Selten so ne bedrückende Atmosphäre erlebt, wie nach dieser Vorstellung.
Trackbacks für diesen Artikel