Rock the Kasbah
Von Jamal Tuschick // 28. März 2016 // Tagged: featured, Kriegsfilm // 1 Kommentar
Der Trost der Truppenbetreuung
Marlene Dietrich, Sammy Davis Jr., John Wayne, Marilyn Monroe – Alle lasen die Messe zur Stärkung der Moral. Die letzte Szene arrangierte stets im Matsch zurückgebliebene Soldaten zur ekstatischen Menge. Das obszöne Fazit: Für uns geht die Party weiter wie für euch das Sterben weitergeht – “Rock the Kasbah” spielt das Thema an, macht aber nichts daraus.
An Stellen wirkt der Film wie Laientheater. Misslungen ist er ganz. Er verwüstet vier Großraumerzählungen. Die Geschichte vom Entdecker aus Leidenschaft, vom Künstler, den innerer Andrang in äußerste Opposition zwingt – vom Trost der Truppenbetreuung und von der Hippie-Faszination Afghanistan.
Bill Murray spielt den Impressario Richie Lanz. Lanz behauptet, Madonna groß gemacht zu haben. Das ist gelogen. In der Handlungsgegenwart begleitet Lanz eine im Tischtanzmilieu abgestorbene Artistin (Zooey Deschanel) zur Truppenbetreuung nach Afghanistan. Die Künstlerin, ganz Amy im Winehouse, kommt ihm abhanden, ihre Stelle (als Hoffnungsträgerin) nimmt eine Wanderhure ein.
Kate Hudson spielt die Marketenderin Merci als blonden Panzerkreuzer. Das Drehbuch zwingt sie zu sprachlichen Notdurftverrichtungen. Ich finde bei Erica Jong einen Satz mit passender Kragenweite: “Das menschliche Herz ist ein finsterer Wald. Man läuft ständig Gefahr, in etwas hineinzugeraten.”
“Rock the Kasbah” gewinnt seine Form in Rummelplatzdarstellungen von Marketender-Varianten – das manisch Witze reißende Schieber-Duo (Scott Caan, Danny McBride), die eingeflogene Trottoirschwalbe, der lausige Unterhalter. Diesen Leuten verspricht Krieg, was die bürgerliche Ordnung ihnen vorenthält. Ich rede nicht allein von Geld, sondern auch von subkulturellen Bedeutungszuwächsen und priviligierten Zugängen. Zum Quartett komplettiert das Ensemble ein schreibender Söldner. Bruce Willis gestaltet seine Filmaufgaben mit mimischem Leerlauf. Wenigstens für vorsätzlich möchte man den Leerlauf halten. So tritt Amerika gegen afghanische Gepflogenheiten an. In einer malerisch verkarsteten Gegend betört eine Sirene vom Volk der Paschtunen Lanz mit etwas von Cat Stevens. Lanz verspricht der Elevin landesweite TV-Prominenz. Salima (Leem Lubany) zeigt sich empfänglich für den Siebzigerjahre-Heilserwartungshokuspokus. Konsequent ist die koloniale Perspektive des Films. “Rock the Kasbah” verkauft sein formelhaftes, künstlerisch wertloses Weltbeglückungsprogramm als emanzipatorische Zukunftsmusik mit Tabubruch und Trallala. Das scheint Regisseur Barry Levinson so egal oder unklar gewesen zu sein, dass er manchmal noch nicht einmal zu satirischen Abdeckungen Zuflucht nahm. Übrigens gibt es in Kabul keine Kasbah. Der Titel zitiert ein Lied von The Clash aus dem Jahr 1982.
Rock the Kasbah, USA 2015 – Regie: Barry Levinson. Buch: Mitch Glazer. Kamera: Sean Bobbitt. Mit Bill Murray, Bruce Willis, Kate Hudson, Zooey Deschanel, Leem Lubany. Tobis, 106 Minuten
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Rock the Kasbah
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