Wyrmwood: Road of the Dead
Von Michael Schleeh // 21. August 2015 // Tagged: Apokalypse, Australien, Eskapismus, featured, Gemetzel, Horror, Komödie, Satire, Schrotflinte, Sexbombe, Weltuntergang, Zombies // 1 Kommentar
Wie hier schon auf der Seite kritisch angemerkt wurde: noch einen und noch einen weiteren Vertreter der „immergleichen Zombiepampe“ braucht kein Mensch mehr. Umso schöner, wenn dann eine Amateurproduktion auftaucht, die vor Klasse, oder zumindest dem Streben danach, geradezu strotzt. Und obwohl hier anstatt bei Romero eher am neueren Infektionsterrorismus Marke Danny Boyle angeknüpft wird – mitsamt einem herrlich swingenden durchgeknallten Arzt in der beliebten Breaking Bad-Quarantänemode – wird das nicht als Freibrief zur witzchengespickten, ungezügelten Gore-Satire missverstanden, nein, eine gewisse Ebene der Ernsthaftigkeit grundiert diesen Film. Außerdem werden nicht nur einigermaßen interessante Figuren eingeführt (eine jede eine eigenständige Hackfresse, und besonders schön: der Aborigine-Sidekick), nein, immer wieder kommt der Film mit leiseren und düsteren Stimmungen daher, ernsten, dann tatsächlich bedrohlichen Momenten, eigentlich inneren Seelenlandschaften, die im Kontrast zur australischen Naturschönheit stehen; sowie einer Lust an der ungezügelten Kostümierung, die in ihren karnevalesken Szenen an die Transgressionen eines frühen Rob Zombie erinnern. Garniert mit dem einen oder anderen Lackstiefel und angefetzten Büstenhalter: die verschwitzte Tanktop-Frau – zum baldigen Verzehr durch männliche Antihelden – exploitativ am Dachgebälk aufgehangen, lässt dann auch etwas Feuer in den Lenden der männlichen Zielgruppe aufflackern.
Filme aus Australien haben beim Genrepublikum eine merkwürdige, prinzipielle Grundcredibilitiy. Ältere Semester denken sofort an Mad Max (der hier mehrfach zitiert wird) oder an den schönen Campingfilm Lost Weekend, jüngere Generationen häufig an Wolf Creek und Konsorten. Ein Grund könnte sein: Viele davon tragen eine gewisse exotische Kompromisslosigkeit im Herzen, die sie sympathisch macht. Allzuviele Zombiefilme sieht man nun sowieso nicht gerade aus diesem Land, man erinnere sich etwa an Undead von den Spierig Brothers; der Film ist aber auch schon wieder von 2003.
Selbst im sonnigen Australien nun sind sie also nicht mehr sicher, die letzten Menschlein, die sich im allgemeinen Weltuntergang nicht dem Jenseits hinangeben wollen. Einen Grund zum Leben gibt es indes nicht mehr so recht: denn, wenn alles tot ist, was man lieben könnte, dann bleibt eben nicht mehr viel übrig. Was natürlich nicht nur im amerikanischen sondern auch im australischen Kontext bedeutet: die Familie. Und für die männliche Zielgruppe: die halbnackte Sexbombe mit den Bondage-Narben am Handgelenk, die die Schwester des Protagonisten Jay sein soll. Ohne die Familie ist alles nichts, das muss man halt ganz konservativ glauben, auch als prinzipiell kritischer Mensch, der Krieg und Frieden noch immer nicht gelesen hat. Es kann dann eigentlich nur die Angst vor dem Sterben sein, was als movens die Überlebenden weiter treibt. Hier, in diesem Fall, bedeutet das: „nach Norden“. Das unpräziseste aller Verzweiflungsziele, das man haben kann. Weit kommt in diesem Film aber sowieso keiner, da braucht man sich keine Illusionen machen. Dabei könnte man ja auch die Tür zunageln und die Plattensammlung durchhören (oder Zombiefilme schauen um sich zu präparieren). Stattdessen wollen alle in diesen Filmen immer unbedingt irgendwo hin. Aber draußen wartet die Teufelsbrut auf die letzten Überlebenden, und so werden es, genregesetzbedingt halt immer weniger Akteure. Schön, dass Wyrmwood trotz seiner geradezu mutwillg doofen Erklärungsmuster (Blutgruppe, Gas) in puncto Druck und Dichte immer am Ball bleibt. Trotz des ganzen Lobes darf man aber eins nicht vergessen: der große Wurf ist das nicht, aber heruntergekurbelter Mist ganz sicher auch nicht. Dafür sind schon die Schauspieler viel zu gut und die Effekte sowieso. Die Darsteller haben schon deutlich mehr im Gesicht als nur alte Spaghetti vom Vortag.
Wyrmwood: Road of the Dead, Australien 2014; Regie: Kiah Roache-Turner.
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