Suffer Little Children
Von Alex Klotz // 11. Mai 2014 // Tagged: amateurhorror, Britisches Kino, featured // 2 Kommentare
Ein Waisenhaus in einem Vorort von London. Eines Tages klingelt es an der Tür.
Mit stummen Mädchen kennen sich die Waisenhaus-Betreiber Maurice und Jenny nicht aus, aber scheinbar will sich sonst niemand um Elizabeth kümmern.
Zudem steht der Besuch des Popstars Mick an, der einst im selben Waisenhaus groß wurde und nun den Kids etwas Mut schenken will. Maurice weiß allerdings nicht recht, mit Popstars umzugehen.
Die Kids hingegen kreischen gar heftig beim Erscheinen von Mick und seinem dem F-Wort verpflichtetem Bodyguard. Der stummen Elizabeth schenkt der Popstar seine Kruzifix-Halskette.
Später am selben Abend forciert Elizabeth ihre jugendlichen Zimmergenossinnen zu einem Alptraum mit Zombies.
Die Zombies nehmen auch noch an einem Picknick teil, bevor die Mädchen schreiend aufwachen.
Am nächsten Tag kommt es im Waisenhaus zu einem unschönen Zwischenfall: Der freundliche Basil fällt aus unbekannten Gründen die Treppe herunter.
Von den konspirativen Treffen in Elizabeths Schlafzimmer kriegen Maurice und Jenny nichts mit und rätseln um die Ursache des Unfalls.
Um den Kopf frei zu kriegen, verabredet Jenny sich mit dem Popstar Mick zur abendlichen Unterhaltung.
Eine Romanze wirft ihre dunklen Schatten voraus, was Maurice sichtbar nicht behagt.
Ein schwebender Blumentopf dient als Vorbote auf die sich nun dramatisch überschlagenden Ereignisse.
Elizabeth hat mit ihrem bösen Gehirn nun das ganze Waisenhaus in ihrer Hand. Selbst die Küchenhilfe (die sich aus irgendeinem Grunde im Schlafzimmer eines 12jährigen befindet) kann nicht anders, als den hypnotischen Befehlen zur Selbstverstümmelung zu folgen.
Die Messerstiche ins Bein enden tödlich. Poster von den THOMPSON TWINS und anderen werden mit Blut besudelt.
Die Gruppe um Elizabeth bereitet das finale Ritual vor.
Auf der Treppe verbluten Passanten.
Und dann wird auch noch der Popstar genagelt.
Gibt es hier noch Hoffnung? Kann jemand dem blutigen satanischen Gemetzel Einhalt gebieten? Hier muß ich jetzt spoilern, aber es geht nicht anders.
OK, jetzt erst mal durchatmen. Amateurhorror aus England hatte ich noch keinen gesehen, am nächsten käme dem wohl The Eye of Satan – wobei das eher eine semi-professionelle Low Budget-Produktion ist – über den Grad der Professionalität kann man freilich streiten, und die Grenzen sind hier auch eher fließend. Als ich Suffer Little Children einlegte, war ich nach 10 Minuten aufgrund der technischen Unzulänglichkeiten allerdings schon so überfordert, daß mein Finger in Richtung Stop-Taste zuckte. Holprige Schnitte und eine Ton-Mischung direkt aus der Hölle, die dazu führt, daß man viele Dialoge nicht versteht, weil entweder die Musik zu laut ist oder gerade ein Mofa vorbeifährt und man trotz Live-Sound keine Lust oder Zeit für einen zweiten Take hatte. Die eigentümliche Zombie-Traumsequenz sowie die an Helge Schneider-Filme erinnernde Verlangsamung der Popstar-Szene ließ mich aber trotz weiterer ernüchternd trockener Momente (mitten im Film wären beinah 6 Kinder ertrunken, das kriegt man aber nicht zu sehen, sondern nur nacherzählt) an der Stange bleiben. Und ich wurde reichlich belohnt, mit einem unfassbaren Finale, während dessen sich der Kameramann die Finger wund zoomt, das Stroboskop auf Hochtouren läuft und kurze Inserts von blutigen Leichen sowie der Sohn Gottes samt Dornenkrone in einem Schnittgewitter auftauchen und alles niederwalzen. Als der Abspann lief, hatte ich immer noch einen weit geöffneten Mund und fragte mich unter anderem, wie der Regisseur an die zahlreichen Kinderdarsteller geraten ist. Hat er deren Eltern alle unter Drogen gesetzt? Eine Texttafel klärte mich über die wahren Umstände auf.
Das ist also nicht das Werk irgendeines Horrornerds mit einem Camcorder, sondern einer Kinder-Theatergruppe, die statt der xten Shakespeare-Aufführung einen Horrorfilm gemacht hat. Chapeau! Einem imdb-Review zu Folge (weitere Quellen konnte ich leider nicht ausmachen) wirbelte Theaterleiterin und Drehbuchautorin Meg Shanks damals in New Malden, einem südwestlichen Vorort von London viel Staub auf mit einem öffentlichen Zombie-Casting sowie einer Demonstration samt ihrer Kiddies vor dem Büro von Sir Richard Attenborough, der aber unbeeindruckt blieb. Die Promotion war aber insofern erfolgreich, als daß der Film nicht wie vergleichbare Produktionen nur als Privatkopie in den Wohnzimmerregalen der stolzen Eltern, sondern von einem Label vervielfältigt in den Horror-Abteilungen zahlreicher britischer Videotheken landete. Das aber zu einem Zeitpunkt, als die „Video Nasty“-Hysterie gerade ihren Höhepunkt erreichte und die nicht eben zimperliche britische Boulevardpresse Meg Shanks als „Verderberin der Jugend“ an den Pranger stellte und mit Matsch bewarf. Ihre Schauspielschule wurde daraufhin aufgelöst und sie ward nicht mehr gesehen, wie auch die meisten der hier agierenden jungen Darsteller, mit Ausnahme ihrer Tochter Ginny, die hier die Jenny spielt, die ein Jahr später noch eine kleine Nebenrolle in einer Doctor Who-Folge hatte.
GB 1983, Regie: Alan Briggs
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2 Kommentare zu "Suffer Little Children"
Nice Find, Herr Critic! Der von Bildern dominierte Text schien mir dem Film angemessen, nachdem ich mir die Finger mit Screenshots wundgeschossen hatte. Gut möglich, daß hier im Unbewußten die Bravo-Foto-Love-Story Pate gestanden hat…
Ha! Diese Geschichte hier
http://letterboxd.com/irkthepurist/film/suffer-little-children/
von einem Film lehrenden Bibliothekaren passt gut zu dem Eindruck, den Alex hier beschrieben hat. Mag den Stil der Bravo-Foto-Lovestory hier. Von DIE SÄGE DES TODES abgeschaut?