Wenzel Storch: Die Filme
Von Alex Klotz // 14. März 2014 // Tagged: Deutsches Kino, featured, Independent // 1 Kommentar
Mit nur drei Filmen, Der Glanz dieser Tage, Sommer der Liebe und Die Reise ins Glück hat Wenzel Storch einen einzigartigen Kosmos erschaffen, zu dem es nun endlich auch das passende Buch gibt. Aus verschiedenen Interviews mit dem Regisseur bestehend, beginnt der überschwänglich illustrierte Band mit dessen streng katholisch geprägter Kindheit, von der, wie Kindheiten das so an sich haben, auch zahlreiche Spuren in seinem Werk aufzufinden sind. Vorzüglich die hier reproduzierten Artefakte wie Meßdiener-Pinups oder von Geistlichen verfasste Abenteuerliteratur, einst von Wenzel Storch persönlich ausgeschnitten und gesammelt. Auch der weitere Werdegang des Regisseurs wird mit privaten Bildbeispielen illustriert: Von zuhause ausgezogen, landete er zusammen mit anderen Kreativen in einer Bruchbude, in dessen Erdgeschoß sich ein Kiosk befand, der diversen Hildesheimer Alkoholikern als täglicher Treffpunkt diente. Hier reiften die Ideen für den ersten Film, der durch einen gewagten Coup sogar etwas Filmförderung einheimsen konnte.
Noch deutlich von klerikalen Themen geprägt, wurde das vorhandene Drehbuch bei den Dreharbeiten zuweilen umimprovisiert, weil die ein oder andere Szene nicht auf Anhieb funktionierte oder die Kinderdarsteller von den Eltern zurückgepfiffen wurden. Trotz des bescheidenen Erfolgs bei Kritik und Publikum reifte aber währenddessen schon die Idee zum nächsten Film, der eher von Rockpostern aus einschlägigen Zeitschriften wie „pop“ und Fotostorys aus der „praline“ inspiriert wurde: Der „Langhaarigen-Report“ SOMMER DER LIEBE, der mittlerweile glücklicherweise auch als liebevoll aufgemachte DVD vorliegt, über die wir hier berichtet haben.
Nach diesen Wunderwerken mußte man satte 10 Jahre auf einen neuen Film aus der Storchenschmiede warten, denn mit DIE REISE INS GLÜCK hatte er sich wahrlich Großes vorgenommen – dem Buch kann man die zahlreichen Schwierigkeiten, die beinah dazu geführt hätten, daß dieses Magnum Opus nie fertiggestellt werden würde, entnehmen. Dank des selbstlosen Engagements der zahlreichen Beteiligten konnte aber auch dieses Wahnsinnsprojekt bewältigt werden, das aus den deutschen Filmproduktionen der 2000er Jahre heraussticht wie eine Pissnelke auf der Bundesgartenschau und in eine Zeitkapsel gehört, damit seine ausufernde Wunderlichkeit in der Menschheitsgeschichte nicht verloren geht.
Momentan sieht es nicht so aus, als ob in naher Zukunft mit weiteren Filmen von Herrn Storch zu rechnen wäre – er ist momentan hauptsächlich als Autor aktiv, wofür man glücklicherweise kein Budget braucht – daher ist dieses Buch nicht nur eine amüsante und lesenswerte Lektüre darüber, was der deutsche Film zu leisten vermag, wenn er sich nur traut, sondern auch eine willkommene Ergänzung zu den Werken einer der eigenwilligsten Auteurs des deutschen Kinos – die, genau wie die Filme, mit dem geschilderten Wahnwitz für ein Übermaß an Unterhaltung sorgt. Wer sich für deutsches Kino, oder Filme generell interessiert und sich dieses Buch nicht ins Regal stellt, dürfte ziemlich doof sein.
Wenzel Storch ist momentan auch verstärkt im Land unterwegs, die Termine findet man auf seiner Homepage.
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