Die Neujahrsansprache der Bundeskanzlerin

Von  //  2. Januar 2014  //  Tagged:  //  Keine Kommentare

(Nicht)-Handelnde Personen:
*Die Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel (M)
*Der Prädikator (P)
M: Der Jahreswechsel ist traditionell ein Zeitpunkt guter Vorsätze. Vielleicht nehmen Sie sich gerade vor, mit dem Rauchen aufzuhören, mehr Sport zu machen oder mehr Zeit für die Familie zu haben.

P: Nein.

M: Ich selbst nehme mir eigentlich immer vor, mehr an die frische Luft zu kommen – auch das sicher ein Klassiker unter den guten Vorsätzen.

P: Ja.

M: Doch dann kommt das neue Jahr, und schnell hat uns der Alltag wieder. Oft jagt ein Ereignis das andere. Manchmal verändert eines davon vieles, wenn nicht gar alles in unserem Leben.

P: Und so sehnt sich die Staatsfrau nach dem Ausnahmezustand. Je mehr Menschenleben dabei von diesen abhängen, desto besser lässt es sich an ihnen berauschen. Davon abgesehen ist es besorgniserregend, dass die Exporte auf den asiatischen Kontinent einbrechen werden. Gerade durch diese Ausfuhren versprach man sich ja die ausgefallenen Warenlieferungen innerhalb Europas zu korrigieren. Der außen- und sicherheitspolitische Berater der Bundeskanzlerin, Christoph Heusgen, erklärte auf einer Tagung der Hamburger Körber-Stiftung, dass mögliche militärische Eskalationen und die damit verbundenen Interventionen in den Bereich des Möglichen rücken. Die Körber-Stiftung, die sich bereits seit längerer Zeit schwerpunktmäßig mit Asien befasst, ist vor zwei Jahren in einem Polit-Experiment zu dem Ergebnis gekommen, dass die Bundesrepublik im amerikanisch-chinesischen Konflikt völlig offen Partei für die USA ergreifen müsse, wenn er eskaliere.

M: Die Flut, die im Frühsommer in das Leben vieler Menschen an Donau, Elbe, Mulde und Saale brach, war so ein Ereignis. Gerade erst waren die Folgen der gewaltigen Flut von 2002 beseitigt, da mussten viele erneut ohnmächtig zuschauen, wie ihr ganzes Hab und Gut weggeschwemmt wurde.

P: Ungefähr zur gleichen Zeit klagte eine Ausstellung der Pommerschen Landsmannschaft über den Abschluss des Deutsch-Polnischen Grenzbestätigungsvertrages im Jahr 1990 und fordert ein Ende der „Spaltung“ Pommerns. Mit dem Grenzbestätigungsvertrag hätten „einmal mehr Auswärtige über das Schicksal der Pommern“ entschieden, heißt es.

M: Doch zugleich brach noch eine Welle ganz anderer Art los, eine überwältigende Welle der Hilfsbereitschaft. Sie zeigte besonders deutlich, was in unserem Land steckt.

P: Genau. „Ich will nur Volk, daß Du gerecht bist.“ – Dr. Goebbels während der NSDAP-Kundgebung vor der Reichtagswahl 1932

M: Eine Gruppe von Studenten in Passau mobilisierte über das Internet täglich ein paar Tausend freiwilliger Helfer und sorgte dafür, dass die Hilfe dorthin kam, wo sie gebraucht wurde. Das ist nur ein Beispiel von vielen. Und natürlich ist fern der großen Schlagzeilen auch in unserem persönlichen Leben viel geschehen, Schönes wie Enttäuschendes. Manche sorgen sich auch um einen kranken Angehörigen oder haben einen lieben Menschen verloren und erleben den heutigen Abend in Trauer.

P: Wohl wahr. Warum das Bundesinnenministerium zahlreiche Streichungen im Abschlussbericht des NSU-Untersuchungsausschusses verlangte, bleibt mir jedoch ein Rätsel.

M: Es ist also wahrlich nicht alles so, wie wir es uns erhoffen oder wünschen. Doch immer wieder gibt es Chancen zu neuen Anfängen. Viele in Deutschland – Junge wie Alte – sagen: Ich wage es.

P: Chancen auf Neuanfänge…Unter dem Druck der Euro-Krise spitzten sich die Sezessionsbestrebungen in der spanischen Region Cataluña zu. Nach einer Großdemonstration für die Gründung eines eigenen Staates kündigten das Parlament der Region und ihr Ministerpräsident für die nächste Legislaturperiode ein Abspaltungsreferendum an.

M: Sie gründen eine Initiative oder eine Firma. Sie nutzen ihr Talent und werden Künstler, Sportler oder Handwerker. Sie setzen sich ein in ihrem Beruf als Verkäuferin, Altenpflegerin oder Richterin. Sie leben mit einer Behinderung und tragen wie Millionen anderer Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zum Erfolg unseres Landes bei. Sie schauen nicht weg, sondern zeigen Zivilcourage, wenn andere bedrängt werden und in Not geraten.

P: eine Initiative oder eine Firma gründen…wie zum Beispiel die Stiftung zur Förderung subversiver Kräfte. Die Institution firmiert als „European Endowment for Democracy“ (EED, „Europäische Demokratiestiftung“), verfügt über einen Millionenetat und soll oppositionelle Kreise in den östlich und südlich an die EU grenzenden Ländern unterstützen. Offizieller Zweck ist die „Förderung von Demokratie“…
Talent nutzen…der Rheinmetall-Konzern bestätigte eine Lieferung von Panzern an Indonesien. Der Deal wird kritisiert, weil der Einsatz der Panzer zur Repression im Innern nicht ausgeschlossen werden kann und die in Indonesien verbreitete Armut den Kauf von Kriegsgerät nicht als vordringlich erscheinen lässt.
Zivilcourage…Das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) ernennt den NS-Funktionär Dr. Rudolf Greifeld zum „Ehrensenator“. Jedoch müssten die „Vorwürfe“ gegen den ehemaligen Geschäftsführer des Kernforschungszentrums Karlsruhe durch einen nicht näher bezeichneten Experten „wissenschaftlich belastbar verifiziert“ werden.

M: Jede Lebensgeschichte steht für sich – und trägt zugleich ihren Teil zu dem bei, was unser Land im Kern ausmacht: Leistungsbereitschaft, Engagement, Zusammenhalt. Was jeder Einzelne von uns im Kleinen erreicht, das prägt unser Land im Ganzen.

P: So sprechen sich unsere Volksvertreter für die Etablierung neuer Integrations-Instrumente zur Schwächung künftiger Widerstände gegen die deutsche EU-Dominanz aus. In Europa finde derzeit „eine größere Machtumverteilung“ statt, in deren Rahmen Frankreich und Großbritannien klar hinter Deutschland zurückfielen, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme aus der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP).

M: Der Staat kann investieren. Er kann gute Bedingungen schaffen. Doch die Politik könnte nur wenig bewirken ohne Sie alle in unserem Land, liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, gleich welcher Herkunft. Das ist auch der Grund für die vielen guten Nachrichten in diesem Jahr. Es erklärt, warum bei uns so viele Menschen wie noch nie zuvor einen Arbeitsplatz hatten, warum wir im harten weltweiten Wettbewerb so gut mithalten und warum sich so viele Menschen ehrenamtlich in unsere Gesellschaft einbringen.

P: Wie die Kieler Werft HDW bestätigt, hat sie den Verkauf zweier U-Boote an Singapur beschlossen.

M: Es gibt viel zu tun, damit Deutschland auch in Zukunft stark bleibt. Besonders wichtig ist mir, dass wir unsere Finanzen der nächsten Generation geordnet übergeben, dass wir die Energiewende zum Erfolg führen, dass wir gute Arbeit und ein gutes Miteinander in unserem Land haben – gerade auch weil unsere Gesellschaft älter und vielfältiger wird.

P: Keine Sorge. Eine aktuelle Untersuchung der Bertelsmann-Stiftung bestätigt den finanziellen Nutzen des Euro für Deutschland. Der Analyse zufolge kann die Bundesrepublik dank der EU-Einheitswährung in den nächsten zwölf Jahren einen volkswirtschaftlichen Profit von rund 1,2 Billionen Euro erwarten, auf den sie mit der D-Mark verzichten müsste.

M: Wir wollen die Familien unterstützen – sie sind das Herzstück unserer Gesellschaft. Wir wollen, dass alle Kinder und Jugendlichen die bestmögliche Bildung und damit die bestmögliche Chance auf ein gutes Leben erhalten können. Dabei wissen wir, dass die Fortschritte unseres Landes stets davon abhängig sind, dass wir auch in Europa vorankommen und die Staatsschuldenkrise tatsächlich dauerhaft überwinden.

P: Die Regierungskoalition kündigt eine offensive deutsche Weltpolitik an. Dies geht aus einem außenpolitischen Strategiepapier hervor, auf das sich die Unionsparteien und die SPD geeinigt haben. Demnach wollen sie „die globale Ordnung aktiv mitgestalten“ und „stehen bereit“ für weltweite Interventionen jeglicher Art.

M: Im kommenden Mai können rund 375 Millionen Bürgerinnen und Bürger Europas ein neues Europäisches Parlament wählen – also genau 100 Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges, 75 Jahre nach Beginn des Zweiten Weltkrieges und 25 Jahre nach dem Fall der Berliner Mauer, dem Anfang vom Ende der Teilung Deutschlands und Europas.

P: Vielleicht liegt der Historiker Arnulf Baring in seiner Festrede beim Festakt zum „Tag der Heimat“ des „Bundes der Vertriebenen“ gar nicht so falsch mit seiner Voraussage, dass die erste Strophe des „Deutschlandliedes“ wieder salonfähig wird.

M: Europa wurde aus einem Traum weniger durch die Anstrengung vieler ein Ort des Friedens für Millionen. Das zeigt einmal mehr, wie viel wir erreichen können, wenn wir einander vertrauen und zusammenhalten – so wie es die vielen Freiwilligen und Soldatinnen und Soldaten, die Polizistinnen und Polizisten und alle anderen Einsatzkräfte bei der Flut im Frühsommer getan haben. Jeder einzelne Beitrag mag zunächst klein erscheinen – angesichts der Größe der Aufgaben. Doch alle Beiträge zusammen machen die Stärke unseres Landes aus.

P: Da haben wir ihn wieder. Den deutschen Wunsch volksgemeinschaftliche Werte gegen individualistische Verflachung zu verteidigen.

M: Liebe Mitbürgerinnen und Mitbürger, für das kommende Jahr wünsche ich uns allen die Entschlossenheit unsere Vorsätze umzusetzen, jedenfalls die wichtigsten, den Mut zu immer neuen kleinen Anfängen und die Kraft und den Trost, auch das Schwere im Leben zu tragen. Von Herzen wünsche ich Ihnen und Ihren Familien Gesundheit, Zufriedenheit und Gottes Segen für das neue Jahr 2014.

P: Die zugleich eigentümlich plumpe und eigentümlich entrückte Art, in der diese Jahresansprache sich präsentiert und die eigentümlich weltfremde Art, in der das, was gesellschaftlich der Fall ist, nicht ins Bewusstsein und auf den Fernsehschirm aufgenommen und verhandelt, sondern gebannt und von ihm ferngehalten wird, verweist auf eine sehr deutsche Misere, die Marx und Engels schon vor über 150 Jahren benannt haben: auf den in Deutschland besonders ausgeprägten Hang zu einem kontemplativen Weltverhältnis, in der die Wirklichkeit nur passives, entqualifiziertes Material darstellt, woran das gleichsam „außer der Welt hockende Bewußtsein“ (Marx/Engels) die Leistungsfähigkeit seines als autonom vorgestellten kategorialen Apparats demonstrieren kann. Die Zufriedenheit, die unsere Kanzlerin uns wünscht, ist der schlichte Ausdruck unmittelbarer Hochgestimmtheit zunehmend entrechteter und mittlerweile völlig verblendeter Massen, denen man systematisch jede Chance ausgetrieben hat, sich auf ein anderes als das kulturalistisch zugerichtete Zwangskollektiv, nämlich auf sich selbst und damit auch auf die Menschen zu beziehen. In Zeiten, in denen der antikoloniale Traum sich zu erfüllen scheint, die Dritte Welt endlich aus dem Nord-Süd-Gefälle ausbricht und sich im Zeichen einer Süd-Süd-Schiene ganz selbstbewusst selber ausbeutet, wie die innerafrikanischen, aber auch die chinesisch-vorderasiatischen und die chinesisch-afrikanischen Handelsbeziehungen bestätigen, kommt keine Melancholie über die schwächer werdenden Bindungen an den Norden auf. Wo Regierungen sich private Stiftungen ins Land holen, die unter Sozialstaat eine Suppenküche mit angeschlossener Indoktrinationsanstalt zur Verbreitung des weltweiten Terrors begreifen, braucht die Empörung dagegen nicht mehr den Widerspruch ökonomischer Praxis und dem gebrochenen Versprechen der Freiheit zu verhandeln. Der Zynismus gestaltet sich längst eindimensional. Aber eines wünsche Ich Ihnen dort draußen: viel Glück.

 

 

 

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