Dario Argento – Anatomie der Angst

Von  //  11. November 2013  //  Tagged: , ,  //  Keine Kommentare

Profondo Rosso (1975)
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Rezeptionshistorisch stellt Dario Argento einen interessanten Sonderfall dar: Als Genreregisseur von den politisch korrekten, soziologisch orientierten Filmkritikern der 70er und frühen 80er geschmäht, dauerte es einige Jahre, bis eine neue Generation von Cineasten über den Umweg von Fanzines und anderen subversiven Medien das künstlerische Potential seiner Filme auch im akademischen Diskurs unterbrachte: International machte Maitland McDonagh mit „Broken Mirrors / Broken Minds“ 1991 den ersten großen Schritt, 22 Jahre später ist nun auch hierzulande ein Buch erschienen, das sich wissenschaftlich mit dem Phänomen Argento auseinandersetzt – und sich auch dem Spätwerk des Regisseurs widmet, welches wiederum einige seiner „Fans“, die ihn einst aufgrund von Filmen wie SUSPIRIA als Genie und Ästheten deklarierten, stark zu irritieren vermag und nun wiederum von dieser Seite aus geschmäht wird.

L'uccello dalle piume di cristallo (1970)

L’uccello dalle piume di cristallo (1970)

Das Buch ist in zwei Hälften geteilt: In der ersten widmen sich mehrere Essays werkübergreifend einzelnen Themen und Motiven, während in der zweiten jeder einzelne Film noch einmal ausführlich unter die Lupe genommen wird. Dabei kommt es zu einigen Wiederholungen und Überschneidungen, die bei dieser Struktur wohl auch nicht zu vermeiden sind und mit denen man durchaus leben kann. Die Themen selbst sind breit gefächert: Neben Auseinandersetzungen über die Verwendung der bildenden Kunst, Räume und Gender im Oeuvre Argentos geht z.B. Dominik Graf auf die Filmmusik ein oder es werden von Sebastian Selig die Drehorte von SUSPIRIA erneut besucht. Außerdem wird das Verhältnis des Regisseurs zu Kollegen wie Mario Bava oder Brian de Palma beleuchtet.

Suspiria (1977)

Suspiria (1977)

Die chronologische Abarbeitung der Filme durch jeweils andere Autoren zeigt aufschlußreich die Entwicklung des Regisseurs und seiner Stilmittel, es ist keinesfalls so, daß er sich von heute auf morgen entschlossen hätte, nur noch Scheißfilme zu drehen. Einige Stilmittel aus SUSPIRIA – den auf Wunsch einiger „Fans“ der Regisseur auch immer neu hätte drehen können – nutzte er bereits in den 80er Jahren nicht mehr. So verzichtete er bereits ab TENEBRE (1982) auf die Ausleuchtung einzelner Szenen in Primärfarben, die in SUSPIRIA und INFERNO noch zahlreich aufzufinden sind und eine ästhetische Brücke zum großen Altmeister des italienischen unheimlichen Films Mario Bava bilden.

Phenomena (1985)

Phenomena (1985)

Der ausführliche Ritt durch Dario Argentos Filmographie bringt jedoch nicht nur neue Erkenntnisse und interessante andere Blickwinkel auf die einzelnen Filme hervor – deren Schlußfolgerungen man teilen kann, aber nicht muß – sondern macht auch richtig Lust, das ein oder andere Werk noch einmal aufzufrischen.

La sindrome di Stendhal (1996)

La sindrome di Stendhal (1996)

Denn mit einer gewissen Distanz zum Erscheinungsjahr sieht man die Filme in der Tat durchaus anders: NON HO SONNO etwa, der als Rückkehr Argentos zu alten Tugenden angekündigt, aber nur lauwarm rezipiert wurde, gewann bei mir nach einer erneuten Sichtung. Was das strittige Spätwerk betrifft, hatte ich auch meine Schwierigkeiten mit LA TERZA MADRE und GIALLO, aber diese kamen wohl nur durch das altbekannte Problem einer eingeschränkten Erwartungshaltung zustande. Von seinem DRACULA 3D erwartete ich nichts, und gerade deswegen konnte er mich durchaus begeistern. Wie auch dieses sorgfältig zusammengestellte Buch zu begeistern vermag.

Dracula 3D (2012)

Dracula 3D (2012)

Marcus Stiglegger / Michael Flintrop (Hrsg.): Dario Argento – Anatomie der Angst – 304 Seiten, erschienen bei Bertz & Fischer.


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Dario Argento: Anatomie der Angst


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Über den Autor

Alex Klotz ist ein Zelluloid atmendes Wesen und betreibt den Blog hypnosemaschinen. Alex Klotz hat nie als Tellerwäscher, Aushilfsfahrer oder Kartenabreisser gearbeitet und gedenkt das auch in Zukunft nicht zu tun.

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