Blue Jasmine
Von Eckhard Heck // 22. November 2013 // Tagged: Woody Allen // 1 Kommentar
Zwei Frauen, zwei Orte, zwei Zeitebenen. So einfach scheint das. Woody Allen schubst den Zuschauer ohne langes Federlesen in das Leben von Jasmine (Cate Blanchett) und ihrer Schwester Ginger (Sally Hawkins). Nach wenigen Szenen steckt man knietief im persönlichen Fiasko von Jasmine, die ihre Wohnung in New York aufgeben musste und mit dem Rest ihres Besitzes – der in gerade mal zwei Louis Vuitton Koffer passt – auf dem Weg zu Ginger nach San Francisco ist, die ihr vorübergehend Asyl gewähren soll. In Rückblenden erzählt Allen die Geschichte von Jasmines zunächst glamourösem und später desaströsem Leben an der Seite des Immobilien-Spekulanten Hal (Alec Baldwin), der sich schließlich und endlich schwer verspekuliert. Ginger hingegen stand nie auf der Sonnenseite des Lebens und hat sich scheinbar daran gewöhnt ihre Erwartungen etwas weniger hoch zu hängen. Trotz ihrer eigenen, prekären Situation, zieht Jasmine unbarmherzig und unnachgiebig über ihre Schwester und deren Verhältnisse her, glaubt unverrückbar an die Rückkehr in ein luxuriöses Leben und verfängt sich, begünstigt durch allerlei unvorhergesehene Umstände, immer tiefer in einem Netz aus Lügen und Selbstbetrug.
Die kurze Inhaltsangabe hätte auch ganz anders aussehen können, denn die Handlung, ob man sie nun so oder so zusammenfasst, bleibt eigentlich nebensächlich. Eigentlich geht es um die Schwebstoffe in Form von all dem, was unausgesprochen zwischen den Figuren herumschwirrt, all das, wofür niemand Beachtung oder Zeit zu haben scheint, weil sich jeder ohnehin im Besitz der Wahrheit wähnt. Und so ist sich Blue Jasmine anzusehen, wie Zeuge eines gigantischen Missverständnisses zu sein, und man möchte in jedem Moment aufspringen und die Protagonisten anschreien. „Nein! Tu das nicht, das wird nicht funktionieren!“. In Indien, wo solche Reaktionen im Kino durchaus zu erwarten wären, wird der Film leider nicht anlaufen. Woody Allen hatte Einwände gegen die gesetzliche Vorschrift der dortigen Regierung, dass vor und während Filmen in denen geraucht wird, Anti-Raucher-Hinweise eingeblendet werden müssen. (Quelle: Reuters India Insight)
Trotz einiger aufwändiger (und im übrigen ganz wunderbarer) Außenaufnahmen in den Metropolen New York und San Francisco, ist Blue Jasmine auf gefühlt kleinem Raum inszeniert, was die Darstellung der Schauspieler zusätzlich unterstützt. Deren Leistung ist aber auch ohnedies makellos. Nicht nur die hoch gelobte Cate Blanchett sondern auch Sally Hawkins (phänomenal in der Rolle) und Alec Baldwin (hart wie ein Golfball) sind voll auf dem Punkt und es macht schon beim ersten Ansehen unbändigen Spaß, auf jedes gestische und mimische Detail zu achten. Ich mag die Idee, den Film im nachhinein gedanklich zu umkreisen, wie einen persönlichen Schatz, der in einem Schuhkarton schlummert, was auch ein schönes Bild dafür ist, wie sehr er mich berührt hat. Wer mich kennt, der weiß, dass ich eine Hinwendung zum Dramatischen ohnehin jederzeit und rückhaltlos begrüße. Insofern ist klar, dass Blue Jasmine schon jetzt einer meiner liebsten Filme von Woody Allen ist.
USA 2013, Regie Woody Allen
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Blue Jasmine
Ein Kommentar zu "Blue Jasmine"
Sehr treffend, Ecki. Ich mag nur einzelne Woody-Allen-Filme, und dieser hier gehört definitiv dazu.