Das Totenhaus der Lady Florence

Von  //  21. Dezember 2012  //  Tagged: , , ,  //  Keine Kommentare

Der seltsame Tod des Wissenschaftlers Winston Yorkshire stellt die Polizei vor ein Rätsel und sie schalten den für derartig sonderbare Fälle zuständigen FBI-Mann Larry ein, der mit seinem Gehilfen Iwan der Sache nachgeht. Die beiden stoßen bald auf Zusammenhänge zwischen dem Opfer und der ebenfalls verstorbenen Lady Florence…

Seinen ersten Film drehte Christoph Schlingensief bereits mit 8 Jahren, Das Totenhaus der Lady Florence ist wohl sein erstes Werk mit beinah Spielfilmlänge, das er als 14jähriger mit Hilfe von Schulkameraden und Lehrern realisierte. Es ist die Verfilmung eines „Larry Brent“-Romans von 1969 und in vielerlei Hinsicht faszinierend. Vom provozierenden und grenzüberschreitendem Wesen der bekannten späteren Schlingensief-Arbeiten ist das hier noch weit entfernt: Es ist der Film eines Teenagers, der viel Freude an Horrorstoffen hat und versucht, seinen Vorbildern in Film und Literatur nachzueifern, dabei aber bereits mehr vom Medium Film versteht als diverse wesentlich ältere Macher von Amateur-Horrorfilmen, die auch heutzutage noch gerne im Wald nebenan Tomatensaft auf ihre Freundin schütten. Allein schon der Anfang: Kichert man noch kurz über den Umstand, daß gerade beim Regie-Credit im handgemalten Vorspann ein Buchstabe vergessen wurde, folgt darauf ein geschickter Match Cut, den man nicht kommen gesehen hat. Das Folgende ist freilich als Horrorfilm nicht wirklich überzeugend, da Schlingensiefs Schulkameraden sich als erwachsene Personen wie Priester oder Ärzte ausgeben und die Nachvertonung des Super-8-Materials zuweilen auch etwas holprig geraten ist. Aber immer wieder gibt es kleine Ideen, Details und Einstellungen, die entzücken, und nicht zu vergessen auch zahlreiche Sequenzen, die ungewollt dokumentarisch den Oberhausen-Flair der 70er Jahre festhalten. Die Filmgalerie 451 bietet den Film für schlappe 1,90 auf ihrem Video on Demand-Portal an, dort gibt es auch den ein Jahr später entstandenen Kurzfilm Das Geheimnis des Grafen von Kaunitz, der nicht nur in Sachen Kamera und Nachvertonung erstaunliche Fortschritte zeigt, sondern auch dank Einsatz der Polizei Oberhausen und eines Hubschraubers richtig aufwendig wirkt. Beide Filme sind sowohl für Schlingensief-Fans als auch für Liebhaber der 70er-Jahre-Super-8-Amateurfilmkultur, von der das meiste zwischenzeitlich leider in irgendwelchen Mülltonnen gelandet ist, unbedingt empfehlenswert.

Deutschland 1974, Regie: Christoph Schlingensief


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Über den Autor

Alex Klotz ist ein Zelluloid atmendes Wesen und betreibt den Blog hypnosemaschinen. Alex Klotz hat nie als Tellerwäscher, Aushilfsfahrer oder Kartenabreisser gearbeitet und gedenkt das auch in Zukunft nicht zu tun.

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