Das Schwedenmädchen Anita
Von Alex Klotz // 5. Oktober 2012 // Tagged: featured, Schwedenfilm, Sexploitation, Skandinavien // 5 Kommentare
Die 17jährige Anita (Christina Lindberg) hat ein Problem: Sie ist Nymphomanin, und so vergeht kein Tag, an dem sie sich nicht dazu gezwungen fühlt mit wildfremden Männern ins Bett zu gehen, bzw. wenn sich diese Gelegenheit nicht ergibt, ihnen zumindest einen zu blasen oder runterzuholen. Dies spricht sich in einer Kleinstadt schnell herum und ihre Familie ist von ihrem Verhalten auch alles andere als begeistert, scheint aber auch kein Interesse zu haben, ihr irgendwie helfen zu wollen. Als sie bei einer Hausparty einen Striptease vor des Vaters Vorgesetzten hinlegt, ist die Mutter zwar geschockt, aber der Vater läßt sie gewähren, schließlich scheint es seinem Chef zu gefallen. Für Anita wird die Situation immer unerträglicher und sie beschließt, nach Stockholm durchzubrennen. Dort trifft sie glücklicherweise per Zufall den Psychologie-Studenten Erik (Stellan Skarsgård), der ihr auf uneigennützige Weise zu helfen versucht…
Ich müßte mehr von den jeweiligen Filmen sehen, um hier eine allgemeine Aussage treffen zu können, aber es fällt auf, daß im Vergleich zu den deutschen Sexfilmen der Periode dieser schwedische Beitrag nur selten das Gebiet der Komödie streift und ansonsten wie ein ernstes Drama daherkommt. Selbstverständlich bietet die Story nur einen Vorwand, um Christina Lindbergs bezaubernde Brüste möglichst oft ins Bild zu setzen, aber ihre traurige Miene, sobald sie wieder mal ihren Trieben gefolgt ist sowie die zahlreichen Aufnahmen trister Architektur verleihen dem Film schon etwas glaubwürdig Elegisches.
Ja, Spaß scheint Anita an Sex keinen zu haben und so wird sie von einem tristen Umfeld in das nächste weitergereicht, Höhe- bzw. Tiefpunkt wohl der, als sie sich sechs ausländischen Drogenhändlern gleichzeitig hingibt (was Stereotypen betrifft, unterscheiden die Schweden sich scheinbar nicht allzusehr von den Deutschen). Im Kontrast dazu stehen die Szenen mit dem guten Erik, der sie auch mal mit zum Picknick in die schöne Natur mitnimmt. Skarsgård war hier übrigens nicht am Anfang seiner Karriere, die hatte schon bereits als Kinderstar begonnen, hält ganz schön lange durch, der Junge. Aber ist ja auch ein Guter. Wie auch der Film, der sich neben den genannten Elementen natürlich auch wegen Fräulein Lindberg ganz gut wegkuckt.
Anita – ur en tonårsflickas dagbok, Schweden/Frankreich 1973, Regie: Torgny Wickman
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5 Kommentare zu "Das Schwedenmädchen Anita"
Ich weiß nicht. Es ist Jahre her, dass ich den Film, damals noch via US-DVD, gesehen habe. Meine Erinnerung sagt mir allerdings, dass er Anita in keinster Weise moralisch verurteilte, das bigotte Aufhebens in ihrem Umfeld allerdings um so mehr. Fast ein realistisch ausgenüchterter Hofbauer-Film oder ein früher Verhoeven ist das – das miefige schwedische Spießertum steht bei Wein und Häppchen schmutzig grinsend da und lässt sich darüber aus, was für ein Flittchen die Kleine doch ist. Die Kleine selbst ist allerdings, neben vielleicht dem romantischen Psychologiestudenten, der sie zu heilen versucht, die einzige erträgliche Figur des Films, die einzige, der er Empathie entgegenbringt. Doch, ich glaube, ich fand den sehr progressiv und offen, gerade auch im Kontrast mit den deutschen Genrevertretern, die ich zu dieser Zeit anfing, zu entdecken.
Es ist aber schon diese Altherrenphantasie von der unersättlichen Nymphe, wie man sie genauso aus dem Schulmädchen-Report kennt und das Paradigma, sofern ich mich recht erinnere, bleibt gleichwohl dabei, daß Anita damit moralisch vollkommen daneben ist. Diese Schizophrenie gibt es heute immer noch, weshalb ich nicht mal weiß, ob man Anita als Film nun fortschrittlich oder rückständig nennen kann. Thriller – Ein unbarmherziger Film war dies betreffend eindeutiger.
Klar dient das nur als Aufhänger, um die gleichen Mechanismen zu bedienen, was mir nur aufgefallen war – im Unterschied zu den deutschen Filmen, wo die Nymphen fröhlich von Bett zu Bett hüpfen, hat Anita gar keinen Spaß daran, handelt unter innerem Zwang und wird auch innerhalb des Films von anderen Figuren moralisch geächtet – man serviert hier also die gleichen Schauwerte für ein ähnliches Zielpublikum, wählt dafür aber einen komplett anderen Ansatz, statt frivoler Komödie gibt es ein über weite Strecken eher trauriges Drama, und das fand ich interessant. THRILLER ist freilich eine ganz andere Hausnummer, da gebe ich dir recht.
Fräulein Anita, bitte auf Wiedervorlage, ja? Und dann können Sie Feierabend machen. Sie haben doch sicher noch was vor, heute abend?
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