The Loveless
Von Eckhard Heck // 11. April 2012 // // Keine Kommentare
Kathryn Bigelows Langfilm Debüt fällt, gesehen vor ihrem Art-School Hintergrund und angesichts der Verbindungen in die New Yorker Underground- und Kunstszene, geradezu klassisch aus. The Loveless zeichnet ein Sittengemälde der 1950er Jahre, das mit ikonischen Bildern der Biker- und Rockabilly-Ästhetik aufgeladen ist, aber im Gegensatz zu den selbstreferenziellen Arbeiten von Autorenfilmern wie etwa Kenneth Anger deutlich erzählerischer arbeitet und stilistisch vergleichsweise glatt daher kommt. Ort der Handlung ist Georgia. Eine illustre Motorradgang strandet aufgrund einer Panne unfreiwillig in einem kleinen Ort. Die Anwesenheit der „Outlaws“ löst einerseits Befremden und Ablehnung aus, provoziert aber auch das Aufbrechen familiärer und sozialer Verwerfungen.
Die traditionell eher sinnfrei agierenden und allenfalls hedonistischen Biker treffen auf Dörfler, die im eigenen Saft aus Überdruss, krummen Geschäften und Bigotterie vor sich hinkochen, wie ein auf dem Herd vergessenes Gumbo. Bei einigen der trostlosen Gestalten lösen Vance (Willem Dafoe) und seine Kumpel unterdrückte Begehrlichkeiten aus. Vor allem für die seelisch durch den Selbstmord ihrer Mutter aus dem Gleichgewicht geratene Telena (eine sehr gute Marin Kanter, die jedoch scheinbar im Filmgeschäft nie richtig Fuß gefasst hat), ergeben sich durch eine Beziehung zu Vance plötzlich ganz neue Perspektiven. Unglücklicherweise macht ihr aber ihr windiger Daddy (J. Don Ferguson, wunderbar schmierig) einen Strich durch die Rechnung und schürt danach den Hass gegen die Jungs in Leder. Mit der für den Süden der USA so eigenen Trägheit entwickelt sich alles folgerichtig vom Schlechten zum Schlechteren. Am Ende bleiben einige auf der Strecke und alle Verlierer.
Willem Dafoe darf in seiner ersten Hauptrolle sein Kinn prominent zur Geltung bringen. Auch Robert Gordon sorgt mit seinem spröden Auftreten für reichlich Authentizität. Er steuert auch einige Kompositionen zum Score bei. The Loveless ist zwar formal streng und bewegt sich filmisch auf bekanntem, retrogetränktem Terrain, ist aber trotzdem ein schwülschöner und unbedingt sehenswerter Film.
USA, 1982. Regie: Kathryn Bigelow
