Munnibai

Von  //  11. März 2012  //  Tagged: ,  //  Keine Kommentare

I swear on goddess Durga, I will fill your skin with cowdung. Because you are that coin which has ‚Eunuch‘ written on both sides.

Munnibai ist eine berittene Schurkin im ländlichen Indien, wo alle Leute manisch sind; sie lebt in Fehde mit einer Konkurrenzbande, was zu diversen Morden führt – eine frühe Schußduellszene sieht aus, als käme sie aus NAKED GUN – , vor allem aber zu großmächtigen Dialogen: Wenn jemandem, der gar nicht einmal anwesend ist, der Tod anzudrohen ist, muss minutenlang geschrien werden, und zwar Dinge wie: „I will uproot your life from this earth! I will cast you into hell! You will scream! Lots of screaming! But this Heerabai [Name der schreienden Frau] will be like a vulture over your corpse!“ (Die Darstellerin unterstreicht hier ihre Worte, indem sie mit den Händen Flügelschläge imitiert.)
Schnitt zu Munnibai, der diese Worte galten: „Boss, the daughter of insane Dacoit is coming to kill you. They say she is a valley of death.“
„If she is the valley than I am the ocean! And we will see who has the erupting volcano inside her.“

So erfreulich derlei ironiefreies Pathos ist – wenn es keine Gelegenheit zu Overacting gibt, tappst der Film ein wenig herum, gönnt sich nur flüchtig Aufnahmen großer Brüste, bringt irrtümlich ein Baby um und führt diverse Komplikationen ein: Ein Jugendfreund Munnibais kommt als Polizist aus der Stadt, eine Doppelgängerin soll irgendwas tun und immer muß irgendwer gerächt werden. So wird der Film leider in seiner Entschlossenheit, transitional material einfach wegzulassen – auf die Ankündigung „ich werde X töten“ folgt unweigerlich ein harter Schnitt zu einer Szene, wo der Sprecher X schon gegenübersteht und ihn anschreit – etwas monoton, da ihm das Konzept der „Spannung“ fremd ist, es nur darauf ankommt, Leute emotieren zu sehen (Tochter, in freudigem Tonfall: „My insane father is back!“), und wenn der Film meint, es wäre Zeit für einen Vergewaltigungsversuch, wird eben eine Traumsequenz improvisiert. Auch ertrage ich das Geschrei auf Dauer nicht gut, noch dazu, wenn es – wie in der mir vorliegenden Fassung – mit fortschreitender Dauer immer asynchroner wird. Maniker mögen anders denken.

Indes sieht MUNNIBAI zwar billig, aber doch handwerklich einigermaßen intakt aus, wie ein B-Film eben – im Gegensatz etwa zu den Werken eines anderen glorreichen Inders, Harinam Singh, dem Schöpfer des unfassbaren SHAITANI DRACULA (Prämisse: Ich dreh’ übers Wochenende im Park Halloweenmasken und halbnackte Frauen mit Styroporflügeln). Autor/Regisseur Kanti Shah ist keine bizarre Randgestalt, die außerhalb des Systems in Ed Wood-Manier durch seine Filme taumelt, sondern langjähriger Routinier für Genreware, oft mit erotischem Unterton. Wer ihn in Hochform sehen will, der halte sich an seinen glanzvoll unbekümmerten GUNDA (1998): Dort funktioniert das, was hier daneben geht – die Schaffung einer eigenen Realität – , recht gut, und Shah gelingt zumindest eine delirische Szene, um deretwillen man ihn lieben muß. Wenn aber GUNDA der Rausch ist, muß MUNNIBAI wohl der Kater sein.

„I was thinking dirty thoughts. I can see my death. Now I will have to get stoned to forget thoughts of death.“

Indien 1999, Regie: Kanti Shah

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Über den Autor

Andreas Poletz (1185 bis 1231), aus Chorazin gebürtig, beschrieb seine Seele als »einen schrecklichen Sturm, umhüllt von ewiger Nacht«, und behauptete, dass er aus Verzweiflung begann, seine Hände und Arme zu zerfleischen und mit den Zähnen bis auf die Knochen zu zernagen (incipit manus et bracchia dilacerare et cum dentibus corrodere useque ad ossa). Ist aber nicht wahr.

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