Serial Rapist

Von  //  18. Februar 2012  //  Tagged: , , ,  //  1 Kommentar

Bist du schön, fremder Film. Mit deinen Blicken von weit her auf ferne Wohnblocks und Fabriken und davor nahes, österlich dahin gestrecktes Land am Stadtrand, Bahndamm, Flussufer, wo sich hinter zitternden Kräutern deine vielen Vergewaltigungen abspielen.

Dort, wie in einem Vogelnest oder einer Hasenkuhle, lebt ein zwar geistig vielleicht gestörter, mit sich selber aber völlig einiger Protagonist. Dieser pummelige, kurze Junge (Kumiko Araki) macht sich mit ruppigem Hunger über nette Mädchen her. Erst rammelt, dann erschießt er sie, so ungerührt und ordentlich wie man seinen Teller nach dem Essen wegräumt. So schließt er grimmig jede Nummer ab und radelt entschlossen zur nächsten. Er sieht wie ein großes Kind aus mit seiner Latzhose, dem T-Shirt und dem Fahrrad. Manchmal ruht er sich im Dämmerlicht auf einer quietschenden Spielplatzschaukel aus. Stellt sich lange sinnend, beinah weinend, neben einen Typ, der am Fluss Saxofon übt. Starrt in seinem Schuppen das von ihm gefesselt an die Decke gehängte Mädchen an, wie es da notgedrungen Pippi macht.

Die Landschaft grünt. Die Lerche singt. Kähne fahren vorbei, Flugzeuge steigen auf, ein langer Zug rauscht schnurgerade durch, und unser Junge lebt sein Leben. Umstandslos zieht er seine Latzhose runter und zieht eine kaninchenartig stumpfe Fickerei nach der anderen durch. Manchen Mädchen gefällt das sogar ein bisschen. Das hilft ihnen aber auch nicht, sie werden totgemacht, und ihre Lover auch, manchmal auch schon vorher. Aus jäher Wut, aus Trotz, auf ein falsches Wort hin (siehe Fotos unten), oder weil sie so dumm sind, mitzugehen.

Warum sehe ich das gern, ich weiß es nicht. L.A. Zombie konnte ich mir auch schon so merkwürdig entspannt ansehen, mit Freude an der Optik des schön extremen, brutalen Geschehens ohne Nebenhandlung und Erklärung. Der hier ist idyllischer und putziger und geht noch besser rein.

Er hat auch eine selten schöne, spärliche Filmmusik zu seinen selten schönen, spärlichen Bildern. Da kratzt kurz was, anscheinend wird eine Gitarre weggestellt, Mundharmonika zirpt nervös, drei Töne auf dem Saxofon. Die Kamera hat ihren eigenen Willen, verharrt verliebt auf dem Schatten seines abgestellten Fahrrads, bevor sie sich widerwillig losreist, weil sie zur Arbeit muss, die Handlung weiter filmen.

Kleiner Film, ich liebe dich. Du bist so bescheiden und hast so ausgesuchte, natürlich verblichene, doch an den richtigen Stellen bunte Farben. Deine Handlung ist so wohltuend kaputt, ungewöhnlich und amoralisch. Ich mag das, wenn ich schon vorher weiß, dass am Ende praktisch alle tot sein werden, während Häschen weiter ungerührt an ihren Grashalmen kauen. Ich finde diesen Jungen sexy, ich sehe seinen Hintern gern, ich applaudiere ihm, wenn er so stoisch sexbesessen und verdrossen seinen kleinen Weg zu Ende stapft, so unbeirrbar seiner Sache sicher. Etwas in mir erkennt sich da wohl selber wieder und freut sich.

Japan 1978, Regie: Koji Wakamatsu


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Über den Autor

Silvia Szymanski, geb. 1958 in Merkstein, war Sängerin/Songwriterin der Band "The Me-Janes" und veröffentlichte 1997 ihren Debutroman "Chemische Reinigung". Weitere Romane, Storys und Artikel folgten.

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