DVD: Monster Worms/Dinocroc vs. Supergator
Von Oliver Nöding // 20. Februar 2012 // Tagged: Andrew Stevens, David Carradine, featured, Monsterfilm, Roger Corman, Tierhorror, Trash // 1 Kommentar
Mit Beginn des Videozeitalters in den frühen Achtzigerjahren löste das heimische Wohnzimmer das US-amerikanische Drive-in- oder das bundesdeutsche Bahnhofskino als Ort für filmische Grenzgänge ab. Es war eine goldene Zeit für amoklaufende Cyborgs, aufrechte Vietnamveteranen, schießwütige Cops, herumwirbelnde Kickboxer und lüsterne Silikonwunder, die mit dem Niedergang der Videokassette jedoch auch wieder enden musste. Während mancher immer noch den Zeiten von Bandsalat und muffigen Videotheken hinterhertrauert, hat sich auf dem unübersichtlichen Feld des Pay-TV-/Direct-to-DVD-Films fast unbemerkt ein ganz eigenes Genre von Trash etabliert, das beim Trocknen der Tränen gute Dienste leisten kann: der CGI-Tierhorror. Kaum ein Monat vergeht, in dem nicht eine neue genetische Hai-, Piranha-, Kraken-, Krokodil- oder Dinosauriermutation um die Gunst der Zuschauer wirbt. Es steht derzeit zu befürchten, dass auch diese Filme erst die verdiente Wertschätzung erfahren, wenn sie der technischen Weiterentwicklung zum Opfer gefallen sind; dass es erst der Arbeit enthusiastischer Filmhistoriker bedarf, dann längst vergessene Schätze zu heben und uns klar zu machen, was wir damals verpasst haben. Ein Film wie „Dinocroc vs. Supergator“ könnte dann zur gesuchten Rarität werden …
Dass auf „Monster Worms – Angriff der Monsterwürmer“ einmal Loblieder gesungen werden, ist hingegen relativ unwahrscheinlich. Dabei spricht zunächst Einiges für diesen Film: Er beruft sich auf den 1991 zum Überraschungserfolg avancierten „Im Land der Raketenwürmer“ (Tremors, Ron Underwood, USA 1991), der von Erfolgsproduzentin Gale Ann Hurd mit guten Production Values ausgestattet und mit Kevin Bacon und Fred Ward ausgezeichnet besetzt worden war. Dieser Film, der es auf drei Fortsetzungen und eine kurzlebige Fernsehserie brachte, stellte seinerzeit eine aus der Zeit gefallene Kuriosität dar und funktioniert deswegen auch heute noch ausgezeichnet. „Monster Worms“, produziert vom B-Film-Recken und einstigen De-Palma-Schauspieler Andrew Stevens, erreicht – das war zu erwarten – nicht auch nur annähernd dessen inszenatorische Klasse, scheitert aber auch kläglich daran, wenigstens den Spirit des Miniklassikers wiederzubeleben. Umständlich und ohne echten Drive erzählt er die Geschichte eines amerikanischen Schatzsuchers (Sean Patrick Flanery) in der Mongolei, der auf der Suche nach dem Schatz Dschingis Khans ist, stattdessen aber die gefräßigen Riesenwürmer findet, die laut einer Sage die Beute des Hunnenkönigs bewachen sollen. Ihm zur Seite steht eine tapfere Ärztin (Victoria Pratt), die auf dem Weg in ein kleines Dorf ist, dessen Bewohner an einer merkwürdigen Seuche erkrankt sind. Und um die Ecke steht dann auch noch eine Ölraffinerie, deren amerikanischer Betreiber den rätselhaften Schwund seiner mongolischen Arbeiter zu beklagen hat.
Das Problem mit „Monster Worms“ ist, dass er sich nichts traut. Die Computereffekte um die Würmer sind recht ordentlich, vielleicht sogar ein Stück besser als im typischen CGI-Monsterhorrorfilm, aber das ist ihm weniger als Verdienst anzurechnen, als vielmehr bloß logische Folge seines defensiven Effekteinsatzes. Die Würmer, die doch eindeutig die Hauptattraktion eines Films namens „Monster Worms“ sein sollten, sind bloße Statisten, dürfen immer dann mal kurz ins Bild kriechen, wenn es an der Zeit für die obligatorische Monsterszene ist, und überlassen sonst den langweiligen menschlichen Protagonisten das Feld. Erzeugte „Im Land der Raketenwürmer“ noch echte Spannung, weil er ein klar definiertes Verhaltensmuster für seine Kreaturen aufstellte, aus dem sich dann die Regeln ableiteten, denen die Protagonisten zu folgen hatten, wenn sie überleben wollten, da schmeißt „Monster Worms“ seine Biester immer dann ins Bild, wenn der holprige Flow des Films es erfordert. Woher sie kommen, was sie angelockt hat, nach welcher Logik sie vorgehen, mit diesen Fragen beschäftigt sich der Film nie. Über die Aneinanderreihung mal mehr, mal weniger gelungener Bildchen kommt er also nicht hinaus. Und seine größte schöpferische Errungenschaft ist, dass er das Flachland des amerikanischen Mittelwestens als Mongolei ausgibt.
Von ganz anderem Kaliber ist da schon „Dinocroc vs. Supergator“ (ein Quasi-Sequel des 2007 entstandenen „Supergator“): Wie schon der zuletzt von mir gefeierte „Sharktopus“ stammt er aus der Schmiede Roger Cormans und der kennt die Formel, nach der man solchen Trash produziert, wie kein anderer. Der Film legt mit dem Ausbruch seiner Titelkreaturen aus einem Forschungslabor auf Hawaii (!!!) gleich gut los und hält den Zuschauer während seiner knapp 85-minütigen Spielzeit mit dem munteren Wechsel von beknackten Monsterszenen und kaum weniger beknackten Dialogen bei Laune. Während also der Dinocroc – ein auf zwei saurierartigen Hinterläufen herumstaksendes Riesenkrokodil – und der Supergator munter durch die Postkartenlandschaften der Pazifikinsel stampfen und auf ihrem Weg sowohl bis an die Zähne bewaffnete Söldner als auch weniger gut ausgerüstete Bikinimädels und ahnungslos herumeiernde Urlauber wegbeißen, versuchen die Hauptdarsteller erfolgreich den Anschein von Ernst aufrechtzuerhalten. Corman hat wie kein anderer Filmemacher verstanden, dass guter Trash von der richtigen Mischung abhängt: Greller Blödsinn und schmerzhaftes Overacting kommen erst dann zur vollen Entfaltung, wenn sie von zurückgenommenem Schauspiel und sauber inszenierten Szenen geerdet werden. Jim Wynorski ist einer von Cormans gelehrigsten Schülern und folgt dessen Vorgaben mit absoluter Linientreue: Auch wenn man sich im einen Moment vor Schadenfreude auf den Schenkel klopft, etwa weil der „dichte Urwald“, den die Söldner da durchkämmen, eindeutig als zum Flanieren einladender Park mit sauber abgesteckten und gut geharkten Wegen zu erkennen ist, die Effekte zum Davonlaufen schlecht sind, das aneinandermontierte Bildmaterial einfach kein Stück zusammenpasst oder manche Bilder der Einfachheit halber mehrfach verwendet werden, so wird man von solchen Klöpsen doch nie ganz aus dem Film geworfen, weil sie in ein stimmiges Ganzes integriert sind.
Nicht, dass der geneigte Zuschauer hier hochwertiges Spannungskino erwarten sollte: Aber man muss seine Maßstäbe auch nicht gänzlich über Bord werfen, um seinen Spaß an „Dinocroc vs. Supergator“ haben zu können. Die Darsteller – als obligatorischer Stargast fungiert hier David Carradine in einer seiner letzten Rollen – agieren mit Enthusiasmus und reißen nicht nur ihre Drehtage ab, die Monstereffekte sind zwar technisch unterdurchschnittlich, aber das fällt nie wirklich negativ ins Gewicht, weil der Film seine Freude am Blödsinn ohne Verlust auf den Zuschauer überträgt. Gerade in seinen Unzulänglichkeiten offenbart sich eine Begeisterung fürs wüste Fabulieren und fürs Kino, die auch dazu geeignet ist, den Vorwurf aufzulösen, der Exploitationfilm stehe nur im Dienste wirtschaftlicher Interessen. Während also „Dinocroc vs. Supergator“ eine lange Kinotradition würdig ins zweite Jahrzehnt des noch jungen Jahrtausends trägt, dient „Monster Worms“ vor allem als Illustration für die bekannte Weisheit „Wer nichts wagt, der nichts gewinnt“.
Dinocoroc vs. Supergator (Jim Wynorski, USA 2010)
Monster Worms – Angriff der Monsterwürmer (Mongolian Death Worms, Steven R. Monroe, USA 2010)
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