Short Bus #004

Von  //  4. Januar 2012  //  Tagged:  //  4 Kommentare

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On the Run (La proie) // Eric Valette, 2011

Der Bankräuber Franck Adrien teilt im Knast die Zelle mit Jean-Louis Maurel. Maurel sitzt in U-Haft, weil er angeblich ein Päderast ist, was er bestreitet. Nichtsdestoweniger wird er von einigen Häftlingen übel angegangen und Adrien mischt sich unvorsichtigerweise in die Auseinandersetzung ein. Als Maurel aus Mangel an Beweisen auf freien Fuß gesetzt wird, vertraut ihm Adrien eine Nachricht an seine Frau an. Damit bringt er sie und seine kleine Tochter allerdings in höchste Gefahr, denn Maurel ist keineswegs der nette Nachbar von nebenan als der er sich ausgibt, wie Adrien kurz darauf erfahren muss. Er gerät unter Zugzwang und muss sich selbst „vorzeitig aus dem Knast entlassen“, um Maurel das Handwerk zu legen.
On the Run geizt nicht mit der Darstellung roher Gewalt und bietet darüber hinaus ausgeklügelte und schmissige Action. Albert Dupontel gibt als Franck Adrien überzeugend den alternden aber unbeugsamen Outlaw mit moralischer Grundausstattung. Auch Stéphane Debac ist als Maurel sehenswert. Im Kader der „guten“ gibt es leider keine Highlights. Alice Taglioni (als Ermittlerin) wirkt eher in den Film hineingeschrieben. Im übrigen will man das Gequatsche von weiblicher Intuition – das scheinbar immer noch zum Standard gehört, wenn in einem Thriller die weibliche Ermittlerin cleverer als ihr männlicher Vorgesetzter ist – nicht mehr hören. On the Run ist dennoch ein unterhaltsamer Film und macht Lust auf mehr von Eric Valette. (Eckhard Heck)

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Ten to Midnight (Ein Mann wie Dynamit) // J. Lee Thomson, 1983

Was macht man, wenn man als Polizist nicht genug Beweise hat, um den fiesen Frauenmörder in den Knast zu bringen? Ganz einfach, man bastelt sich selbst welche. Worauf man dabei achten sollte, demonstriert Charles Bronson alias Leo Kessler in Ten to Midnight (Ein Mann wie Dynamit). Aus Kesslers Fehlern lassen sich folgende Grundsätze für die Erstellung belastenden Materials ableiten: Regel 1: Hab Acht vor skrupelbehafteten jungen Kollegen. Regel 2: Trenne Berufliches und Privates, notfalls mit Gewalt. Regel 3: Schieß, solange keine Zeugen vor Ort sind und es noch nach Notwehr aussieht.

Ten to Midnight ist im Grunde ein typischer Bronson-Film: Gerechtigkeit geht vor Recht, echte Männer sind kernig und entschlossen und die Frauen sind schlagfertig, aber nicht wehrhaft (dazu gibt es ja Männer). Streng nach dem 80er-Jahre-Film-Kochbuch ist der Film mit zahlreichen zuerst kreischenden und dann toten Mädchen in knappen Outfits gespickt. Die Dialoge (gesichtet wurde die deutsche Synchro) sind flott, der Plott ist fadenscheinig bis löchrig und die Tatsachen (personifiziert von Gene Davis als Warren Stacy) sind nackt. Kann man gucken, muss man aber nicht. (Frau Suk)

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Zombieland // Ruben Fleischer, 2009

Blutgetränktes Pop-Corn-Kino der unterhaltsamen Sorte, die einen trotz einiger flaws doch wach zu halten versteht. Am Schönsten ist in der Rückschau allerdings immer noch der Vorspann, der Super-Slomo Einstellungen zu einem regelrechten Gore-Reigen aneinanderreiht. Viel mehr braungrüner Auswurf wird nicht mehr. Fantasie beweisen die Autoren im Erfinden von Zombie-Vernichtungsstrategien. Sehr schade, dass man es nicht einfach beim sinnfreien Schlachtfest belassen konnte. Was hätte das für ein ungetrübtes Vergnügen werden können! Stattdessen wird wertvolle Laufzeit mit der Charakterisierung der Figuren und ähnlichem Unsinn verplempert. Die Metamorphose des Ich-Erzählers vom autistisch-misanthropischen Loser zum Helden braucht keine Sau. Der Mann mit der Macke und dem Fabel für Waffen, der in keinem Zombie-Film fehlen darf, ist „auch nur ein Mensch“ (schüttel). Bill Murrays Cameo Auftritt wird inklusive Ghost Busters Reminiszenz über Gebühr strapaziert und gerät zur Lachnummer. Von der Lovestory (gähn) will ich gar nicht weiter reden. Dicke Pluspunkte gibt es für dumme Sprüche, großartiges Endzeit-Setting und Maske. An geschrotteten Karren und lose herabhängenden Fleischfetzen wurde beileibe nicht gespart. Die eklektizistische Musikauswahl ist auch nicht schlecht. Wer Velvet Undergrounds Oh! sweet nuthin und Willie Nelsons Blue eyes crying in the rain in einem solchen Film unterbringt, der kann nichts wirklich Schlechtes im Sinn gehabt haben. Nach dem Genuss von Zombieland begiebt man sich am Besten umgehend in eine Shopping Mall oder in eine Fußgängerzone. Falls man zufällig eine Gartenschere dabei hat: Um so besser! (Eckhard Heck)

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Klute // Alan J. Pakula, 1971

Nach der zweiten Sichtung ist Klute noch ein gutes Stück weiter nach oben in meiner ewigen Bestenliste gerutscht. Der Small Town Cop John Klute (Donald Sutherland) aus Tuscarora (rural Pennsylvania – home of the clean-living Amish) reist nach New York, um das Verschwinden seines Freundes Tom Gruneman zu untersuchen. Die Polizei fischt bei dem Fall seit geraumer Zeit im Trüben und nun soll der schlaksige Klute die Ermittlungen übernehmen. Die Prostituiterte Bree Daniels (Jane Fonda) hatte mutmaßlich Kontakt zu Gruneman und soll dabei helfen die Umstände um dessen Verschwinden zu klären. Klute, den sie für einen bemitleidenswerten Hinterwäldler hält und den sie möglichst schnell wieder los werden will, ist jedoch hartnäckiger als gedacht.

Analog zum Wesen von John Klute setzt der Film von Beginn an auf Entschleunigung. In langen, ereignisarmen Einstellungen und ausufernden Dialogen vervollständigt sich nach und nach ein Psychogramm der Hauptfiguren, das letztlich den Sex & Crime Plot der Geschichte dominert. Was dabei heraus kommt ist ein düsterer, aber auch zutiefst humanistischer Thriller, der nebenbei auch ein wunderbarer New York Film ist.
Klute wird selten in die Phalanx der New Hollywood Klassiker eingereiht, zählt aber für für mich – neben den drei Filmen von Bob Rafelson aus den 1970er Jahren (Five Easy Pieces, The King of Marvin Gardens, Stay Hungry) – zu den bemerkenswertesten der Ära. (Eckhard Heck)

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Southern Comfort // Walter Hill, 1981

Weihnachten ist ganz allgemein die Zeit der Rückbesinnung. Vermutlich landen deshalb um diese Zeit mehr Filme als sonst im Player, die man sich im trauten Familien- oder Freundeskreis „mal wieder ansehen könnte“. In meinem Fall u.a. Southern Comfort.

Die bodenlose Dummheit, die Naivität und die latente Gewaltbereitschaft der Reservisten, die 1973 in den Swamplands von Louisiana zu einer Gefechtsübung zusammen gezogen werden, führen dazu, dass sie einen lethalen Konflikt mit den einheimischen Cajuns vom Zaun brechen. Letztere sind auf dem ihnen vertrauten Terrain den vermeintlichen Usurpatoren haushoch überlegen und dezimieren die Vollpfosten in Uniform zusehends (zumal diese im Prinzip nur über Platzpatronen als Munition verfügen).
Southern Comfort ist offensichtlich eine Parabel auf den Vietnam Krieg und beißt beherzt in den Arsch des überdurchschnittlich selbstherrlichen und unterdurchschnittlich intelligenten Amerikaners, der den ihm eigenen, dumpfen Machismo so lange auf diversen Kriegsschauplätzen zur Schau stellt, bis ihm eine einfache aber effektive Schnappfalle die Eingeweide durch den Rücken presst. Zeitlos. (Eckhard Heck)

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4 Kommentare zu "Short Bus #004"

  1. Oliver 5. Januar 2012 um 09:39 Uhr · Antworten

    Naja, das (das Immer-in-die-selbe-Schublade-Packen) liegt wohl auch daran, dass er gerade in den Achtzigern ausschließlich für den „Broterwerb“ und nicht zur künstlerischen Erfüllung gearbeitet hat: Das Rächerimage zog die Leute ins Kino und so haben alle davon profitiert: er, die Produzenten und das Publikum. Mit dem Filmgeschäft war Bronson zu diesem Zeitpunkt eigentlich schon fertig und für die Filme, die er für die Cannon gemacht hat, hatte er selten ein gutes Wort übrig. Was ich sagen will: Dass du seine Figuren immer in dieselbe Schublade packst, liegt auch daran, dass er nicht gerade eine breite Palette hatte: Einen schwulen Balettlehrer hat er nie gespielt, auch keinen Clown, der kranke Kinder zum Lachen bringt. Aber innerhalb dieses engen Spektrums gibt es durchaus feine Differenzierungen. Und TEN TO MIDNIGHT ist ein Film, indem Bronsons typisches Image ja auch dazu benutzt wird, dem Zuschauer am Schluss den Boden unter den Füßen wegzuziehen: Der Film ist ja eher das Gegenteil von der Law-and-Order-Fantasie. Alles, was Kessler mit seinen Verstößen erreicht, ist Eskalation: Seine Beweisfälschung führt dazu, dass Stacy freikommt, Kesslers Tochter ins Visier nimmt und ein Massaker im Schwesternwohnheim anrichtet. Kessler ist ja eben kein Held, dem wir zujubeln, weil er den Bösen weggeballert hat. Er ist am Schluss ein Verlierer – und er weiß das auch. (Ich habe das Finale aufgrund der Schlusseinstellung mit dem Finale aus Finchers SEVEN verglichen. Wenn man das macht, wird die Lesart, dass Kessler eigentlich das letzte Opfer des Killers ist, noch klarer.)

  2. Oliver 4. Januar 2012 um 12:42 Uhr · Antworten

    Der Aussage, dass TEN TO MIDNIGHT ein typischer Bronson ist, würde ich als selbsternannter Bronson-Fachmann widersprechen wollen … Hier gibt unseren ausführlichen Himmelhunde-Text zum Film, in dem u. a. aufgerollt wird, warum:

    http://belmondosfunkhundd.blogspot.com/2007/06/psychopath-vs-soziopath.html

    • Frau Suk 5. Januar 2012 um 01:34 Uhr ·

      Och, als anerkannte Nicht-Bronson-Fachfrau kann ich mit Widerspruch in dieser Sache gut umgehen. ;-)

      Ohne Euren Text gelesen zu haben (werde ich bei mehr Aufnahmefähigkeit nachholen): Bei mir hinterlässt Bronson in den paar Filmen, die ich mit ihm gesehen habe, immer das gleiche Gefühl von Enttäuschung. Ich weiß, dass es anderen nicht so geht, aber die Figuren, die er spielt, haben etwas an sich, das mich dazu veranlasst, sie immer in dieselbe Schublade zu packen.

    • Frau Suk 5. Januar 2012 um 01:37 Uhr ·

      Abgesehen von Once Upon a Time in the West natürlich. Den liebe ich sehr.

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