DVD: A Horrible Way to Die
Von Thomas Klotz // 5. November 2011 // Tagged: Independent // Keine Kommentare
In Adam Wingards („Pop Skull“) zweitem Langfilm ist der Film-Serienkiller zurück in den Achtzigern: Henry statt Hannibal.
Garrick, Serienkiller, kann aus dem Knast entkommen und zieht nun mordend durch den Mittleren Westen, auf dem Weg zu seiner ehemaligen Freundin, Sarah, die damals gegen ihn ausgesagt hat und nun im Zeugenschutzprogramm versucht, sich ein neues Leben aufzubauen.
Mit Jonathan Demmes „The Silence of the Lambs“ wurde 1991 der Prototyp des modernen Film-Serienkillers geschaffen: Der eloquente, gebildete und hochintelligente Hannibal Lecter. Nach diesem role model wurden seitdem in unzähligen Filmen ungleich minderer Qualität die Protagonisten entwickelt – denn anscheinend spielt es keine Rolle, dass der typische – wirkliche – Serienkiller so rein gar nichts von dem Glamour oder Intellekt eines Dr. Lecter besitzt. Das wäre wohl zu deprimierend. Oder zu realistisch. Für Fandom kaum geeignet.
Jedenfalls, das wird uns durch diverse Einspieler aus TV-Nachrichten hier suggeriert, hat Garrick (dessen serienkillertypischer modus operandi seltsam im Dunkeln bleibt) jede Menge Fans, denn er hat im Knast massig Post, sogar Heiratsanträge, erhalten. Vermutlich helfen ihm seine Fans auch bei der Flucht, meint die Polizei.
Das allerdings ist schwer nachzuvollziehen: Garrick ist, genauso wie der von Michael Rooker 1986 portraitierte Henry, weit davon entfernt, Charisma zu besitzen und Darsteller A. J. Bowen sieht dabei sogar ein bisschen aus wie der junge Ron Jeremy. A Ted Bundy he ain’t. Abgesehen davon hat man den Eindruck, dass ihm seine „Arbeit“ überhaupt keinen Spass macht. Bevor er eine Leiche in der Badewanne zersägt, muss er mehrmals würgen, nachdem er einer Frau die Kehle durchgeschnitten hat, kämpft er mit den Tränen.
Die augenscheinliche Zerrissenheit und Unschärfe dieses Charakters begleitet Wingard formal durch eine nicht-lineare Erzählweise knapp vor der Unverständlichkeitsgrenze und eine teilweise extrem wackelige Handkamera (der ganze Film wurde ohne Stativ gedreht) – mit allen für den Zuschauer unangenehmen Begleiterscheinungen: Die Handelnden kommen aus dem Fokus, das Licht stimmt nicht, die Schärfeverhältnisse von Vorder- und Hintergrund sowieso nicht. Dieses extrem Amateurhafte ist, genauso wie die blassen Farben und das körnige Filmmaterial, natürlich gewollt – man fragt sich allerdings, wieso in diesem ausufernden Maße.
Dokumentarisch (oder pseudo-dokumentarisch), wie viele der Handkamera-Filme der letzten Jahre, will er ja gar nicht sein. Ich denke, Wingard hat hier einfach was ausprobiert, weil er es konnte und wollte und nicht, weil es irgendeinen tieferen Sinn macht.
„A Horrible Way to Die“ ist insgesamt ein formal zwar anstrengendes, doch inhaltlich unterhaltsames und unter dem Strich lohnendes Werk Filmkunst. Auch die Auflösung wird die Gemeinde teilen: Ich muss zugeben, dass ich überrascht war – andere werden sagen, dass sie das schon meilenweit vorausgesehen haben. Hierüber kann ich leider aber nicht mehr schreiben, ohne massiv zu spoilern. Da wird man sich schon selbst ein Bild machen müssen. Was man sollte.
USA 2010, Regie: Adam Wingard
A Horrible Way to Die ist bei dem kleinen, aber feinen Label „donau film“ am 30.09.2010 als DVD und Blu-Ray erschienen.
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