Little Orphan Dusty
Von Silvia Szymanski & Bianca Sukrow // 5. August 2011 // Tagged: Biker & Rocker, Porno, Rape 'n' Revenge // 1 Kommentar
Der erste von mir für diese Reihe gesichtete Porno, den ich eklig fand. Nicht nur, weil es zum Teil wirklich schleimige Fisting-Szenen gibt, sondern vor allem wegen des Plots (sofern mann denn eine Reihe von Vergewaltigungen, die hin und wieder von freiwilligem Sex unterbrochen wird, als Handlung bezeichnen will). Waise Dusty (Rhonda Jo Petty) findet nach der Vergewaltigung durch eine Motorradgang Zuflucht im Haus des Malers Frank (John Holmes, sein Talent ist unübersehbare 25cm lang). Die beiden haben genreüblich schnell Sex (genau wie Frank und seine Aktmodelle, die Aktmodelle untereinander und alle Gäste einer sehr Love-lastigen Love-and-Peace-Party über-, unter- und nebeneinander). Jedes Mal, wenn Frank nicht aufpasst (und er ist öfter mal abgelenkt), bricht die Gang in die scheinbare Sicherheit des Hauses ein, bedroht die Bewohner und/oder vergewaltigt Dusty. Kurz darauf ist aber alles gleich wieder gut, Zeit für Sex mit Frank, oft untermalt mit heiterer Plinkelplankelxylophonmusik. Als Hallodri Frank von einem Arzt erfährt, dass Dusty schwanger und eine Abtreibung (nach der Frank explizit fragt) zu gefährlich sei, vollführt er eine 180-Grad-Drehung auf der flotten Sohle, erklärt Dusty seine Liebe und macht ihr einen Heiratsantrag. Das happy ending für die vom Leben gebeutelte Dusty scheint nahe, doch kurz nach der Hochzeit taucht die Gang wieder auf, vergewaltigt die Aktmodelle, verletzt den frischgebackenen (Be)Gatten und kommt mal wieder davon.
Das ist einer dieser Filme, die man sowohl als frauenfeindlich interpretieren kann, wie auch als männerfeindlich. Dusty bleibt fast die ganze Zeit über absolut passiv und gestört (letzteres ist angesichts der Reihe an Gewalttaten ihr gegenüber auch kein Wunder), all ihre Aggressionen werden von Frank mit Sex kuriert. Bis auf Frank, der vor allem gedankenlos wirkt (der will nur spielen und buddelt schon mal den Knochen aus), sind die Männer ätzend. Bei der Sichtung der Vergewaltigungsszenen war ich oft im Unklaren darüber, ob Dusty aus Angst Erregung simuliert, oder masochistische Neigungen entwickelt (ihre Phantasien von der ersten Vergewaltigung bei der Masturbation sprechen für letzteres). Nach dem Motto: Sie sagt zwar sie will nicht, aber sie wird schon merken, dass es ihr gefällt. Selbst als Frank und Dusty das Hochzeitskleid aussuchen, erinnert der Dialog an die mit den Vergewaltigern durchexerzierte Gesprächsstruktur („Do you like it?“). Erst, als es im Grunde schon zu spät ist – Frank liegt bereits verletzt am Boden – wehrt sich Dusty und schießt auf einen der Angreifer. Sie ist der Prototyp des blonden Opfermäuschens, während die Männer fast alle typische, gnadenlos überzeichnete Macher und/oder Täter sind. Abgedroschen und öde. Die gezeigten Handlungen sind eine Steifvorlage für Ultrafeministinnen, die einen nicht unerheblichen Anteil der männlichen Bevölkerung für sexhungrige Bestien halten und Pornographie für eine Sauerei. Der klamaukig-ironische Kniff am Ende (den man aufgrund der schlechten Tonqualität eher erahnen als hören kann) macht die gewaltlastige Handlung auch nicht gerade zu einem ausgefuchsten, subversiven Knüller. (Vielleicht habe ich aber auch gerade bei den entscheidenden Szenen angewidert oder gelangweilt weggeschaut. Da der Plot permanent zwischen freiwilligem und erzwungenem Sex oszilliert und zwischendrin nicht viel Sinnvolles passiert, war meine Aufmerksamkeitsspanne schell ausgereizt.)
Die Dialoge reißen es leider auch nicht raus. Dusty spricht fast gar nicht (sie lässt nur mit sich machen), und Frank ist auch nicht gerade eloquent, geschweige denn helle (so erklärt Schnellmerker Frank Dusty, bei den Mitgliedern der Bande handele es sich um böse Leute – da wär die Frau nach dem mehrfachen Missbrauch durch die Kerle sicher nicht von alleine drauf gekommen… ) Daran ändern auch die laut und deutlich sprechenden Namen nicht viel (Dusty wird behandelt wie eine Staubfluse, die man nach Belieben von links nach rechts kehrt, enthüllt im Verlauf der Handlung aber auch einige schmutzige Vorlieben, und Frank Clairmont ist tatsächlich sehr freimütig und direkt). Auch wenn der Titel bereits auf das zu erwartende Rollenschema hindeutet, ist es schwer auszumachen, welches Zielpublikum der Film ansprechen soll. Für Liebhaber von Sado-Maso-Praktiken sind sicherlich zu viele „normale“ und teils recht liebevolle Sexszenen enthalten, während zarter besaitete Zuschauer von der Gewalt, dem Schleim und dem zwischen Resignation und fröhlicher Ignoranz changierenden Grundton abgetörnt sein dürften. Gegner von Selbstjustiz wird das Fazit des Films wohlmöglich stören: In guter amerikanischer Manier hilft nämlich am Ende nur die eigene Waffe. Ich jedenfalls bin für Filme wie Little Orphan Dusty definitiv zu empathisch.
Liebe Frau Szy, ich bin gespannt, ob Du dem Film etwas Gutes abgewinnen kannst. Ich hoffe, ich habe etwas Entscheidendes übersehen…
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… oder genauer geguckt als ich? Man sieht ja nur mit dem Herzen richtig:-) Aber nein, von Empathie blieb ich diesmal verschont, und ich fand das als Abwechslung entspannend, nichts zu fühlen. Ich hab den kleinen Film als nicht ernst gemeinten, naiven Groschenroman gesehen und mochte ihn durchaus gern.
Alleine schon John Holmes als Maler in der Art von TV-Star Bob Ross…! Und er kommt mir auf nicht unangenehme Weise bekannt vor. So leptosom, freundlich, krolleköpfig, mit diesem länglichen, englischen und etwas tragischen Gesicht, sieht er Roger Daltrey („The Who“) ähnlich. Vor allem sieht er aber aus wie ein typischer Junge aus schwierigen Verhältnissen in den 70er Jahren. Ein zu schnell groß gewordenes Kind, das ins Schwimmerbecken fiel und noch eine Weile strampelte… lange schaffte Holmes das Obenbleiben nicht, erzählte mir HS-Kollege Marco. Als Little Orphan Dusty entstand, ging es ihm aber wohl noch gut. In diesem Film besitzt er eine frappierende, wohlgemute Leichtigkeit und eine, wenn auch flache, Herzlichkeit, die mir ein Rätsel ist bei Menschen, an deren Stelle ich unglücklich wäre. Ich verstehe jetzt, was „Marky“ Mark Wahlberg, der die an Holmes angelehnte Figur im Film „Boogie Nights“ darstellte, hinzukriegen versucht hat – diese Naivität, diese triviale Geradlinigkeit. Wenn Holmes im Bild ist, ist irgendwie alles gut. Etwas an ihm rettet jede schiefe Szene, die ganze krumme Situation, und ich krieg gute Laune. Ich mag auch Franks/Johns schwer zu greifende, drollige Art, Frauen eindringlich, beruhigend und möglichst einfach Dinge zu erklären: wie sie die Farben mischen sollen, und ob sie ein Bier wollen, Bier, Bier, du auch? Und dass er jetzt arbeiten muss, arbeiten, arbeiten, Geld verdienen, ja?
Dass dann da oben im Atelier nicht lange ernsthaft gezeichnet wird, war ja klar. Und während die Assistentin und das Modell Frankie einen blasen, guckt Dusty löblich uneifersüchtig zu und übt das Erlernte an den Griffen eines Deko-Steuerrades. Dusty freut sich, in diese Gemeinschaft aufgenommen und in Sicherheit zu sein. Die johlenden Rocker und ihre hübsche, grinsende Braut, von der sie gefistet wurde, können nämlich, wie Frau Suk schon sagte, auch jetzt noch immer und überall wieder auftauchen, um zu vergewaltigen, unter hämischen Hohos und Hähäs, wie Piraten. Ja, Dusty fühlte sich zuerst von ihnen verängstigt und gedemütigt. Zugleich aber, besonders im Nachhinein, hat sie das Erlebnis auch sexualisiert. Obwohl der Film auf Psychologie vielleicht gar keinen Wert legt, haut das sogar hin. Mich hat auch Franks/Johns technisches Knowhow erstaunt, als er das kauernde, gerade vergewaltigte Mädchen mühelos schulterte und zu sich nach Hause trug. Dustys Aufpäppelung wird dann unrealistisch flott erzählt, ja, und dass Frank sich bei ihrem hysterischen Anfall auf sie wirft, um sie mit seinem großen, emotional intelligenten Schwanz zu beruhigen, hätte scheitern können. Es klappte aber, und seitdem fühlt sie sich wohl bei ihm. Sie gehen zusammen auf eine Party in einen Swingerclub, wo die Leute zu einem einfachen, groovy, beaty Acid Jazz mit Gurgelörgelchen tanzen. Einer von den Bee Gees scheint dort der Wirt zu sein, einer von Canned Heat vielleicht schüttelt sich zu der Musik mit Wonne, und John vergnügt sich in einem Whirlpool mit ein paar fröhlichen Frauen.
Das ist für mich alles wie ein Kinder-Malbuch, mal brav ausgemalt, mal wild bekritzelt und, obgleich Räuberpistole mit Unhappy Ending, von beglückender Harmlosigkeit. Ich wüsste nur gern, wie die auf unserer Kopie verzerrten letzten Worte Frankies wirklich lauten. Als Dusty sich über den schwer Verletzten kauert – höre ich recht, sagt er da wirklich: „Dusty, can you do me a favour (Sie: Yes, Frankie, anything): Get your knee off my nuts and… (Rest unverständlich)“? Okay, das würde, wenn es stimmte, jetzt nicht die Schlusssätze von Casablanca oder von Vom Winde verweht toppen. Und, ja, es wäre furchtbar plump. Aber freuen tät`s mich.
USA 1977, Regie: Jourdan Alexander & Bob Chinn
Ein Kommentar zu "Little Orphan Dusty"
Ah, es ist unseren Mitarbeitern gelungen, die allerletzten Worte Frankies noch herauszuhören. Sie lauten also, im Zusammenhang: „Dusty, can you do me a favour (Sie: Yes, Frankie, anything): Get your knee off my nuts and CALL THE AMBULANCE!” Das freut mich sehr. Ich glaube, er kommt durch.