Rampo Noir
Von Alex Klotz // 4. Juni 2011 // Tagged: Asien, Horror // 5 Kommentare
OK, ich bin ein großer Freund von Episodenfilmen, und ebenso mag ich auch Verfilmungen noch nicht ausgelutschter Stoffe der phantastischen Literatur aus Prinzip. Ich bin mir aber durchaus dessen bewußt, das beides auch fürchterlich in die Hose gehen kann. Bei diesem Film ist das zum Glück nicht der Fall, denn er vefolgte wohl das Konzept, den verschiedenen Regisseuren – zwei Routiniers und zwei Jungspunde – soviel Freiheiten wie möglich zu lassen: Allein mußten die einzelnen Kurzfilme auf Erzählungen von Edogawa Rampo basieren und Tadanobu Asano irgendwo herumschwirren lassen. Die erste Episode packt diese Freiheiten direkt beim Schopf und liefert statt Erzählkino abstrakte Bilder einer obsessiven Beziehung voller Sex und Tod, die nur für eine Minute lang mit Ton unterlegt sind. Die zweite Geschichte ist dann von allen am konventionellsten inszeniert, wenn auch das Motiv der Spiegel und zahlreiche schräge Kamerawinkel den Zuschauer teilweise stark verunsichern – sind wir gerade in der Realität oder in einer „Spiegelwelt“? Auch scheint die literarische Vorlage – die sich wie die folgende auch in der glücklicherweise unlängst in Deutschland erschienenen Sammlung von Rampo-Erzählungen finden läßt – mit einer weiteren Geschichte um Rampos Detektivfigur Akechi Kogoro kombiniert worden zu sein. In der dritten Episode nimmt sich Hisayasu Sato eine der berüchtigsten Erzählungen vor: „Die Raupe“ von 1929 (die Altmeister Koji Wakamatsu 2010 erneut aufgegriffen hat – diese Version habe ich aber leider noch nicht gesehen) erzählt von einer Soldatengattin, die ihren als bloßer Torso ohne Arme und Beine aus dem Krieg heimgekehrten Mann für immer bizarrer und sadistischer werdende Sex-Spiele benutzt. Bewegte man sich bis dorthin schon auf sehr hohem Niveau, setzt die letzte Episode dem ganzen noch die Krone auf und wurde zu meinem persönlichen Highlight: Der Stil dieser Episode scheint das „Noir“ im internationalen Titel des Films zu begründen, denn hier ist vieles nachempfunden. In gewollt künstlich aussehenden Sets entfaltet sich eine tiefschwarze Komödie, deren Schlußgag mich fassungslos-amüsiert auf den Bildschirm starren ließ. Ganz große Klasse.
Rampo jigoku, Japan 2005, Regie: Suguru Takeuchi, Akio Jissoji, Hisayasu Sato, Atsushi Kaneko
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5 Kommentare zu "Rampo Noir"
@ Frau Suk: Das freut mich! Also nicht, daß dir die Zeit fehlt. ;)
@ Ecki: Das ist „Bones“ von Yura Yura Teikoku: http://www.youtube.com/watch?v=uJS5JE6mBgA
乱歩地獄の予告で知ったんですがすごく良い曲ですね。
Ganz meine Meinung!
Interessant. Lässt sich herausfinden, von wem der letzte Musiktitel im Trailer stammt?
Hört sich nach einem ungemein reizvollen Film an, Alex. Du schaffst es immer wieder, mir Lust auf Filme zu machen, die zu gucken mir eigentlich die Zeit fehlt…