A Serbian Film

Von  //  29. Juni 2011  //  Tagged: , ,  //  5 Kommentare

Da der Film seit Monaten in internationalen Foren diskutiert wird, dabei meist auf den Konsens „gut gemacht“ heruntergebrochen, und diese Aufregung beileibe nicht wert ist, möchte ich mich kurz fassen: Durchweg berechneter Schocker, der die jüngere serbische Vergangenheit als politischen Aufhänger missbraucht und in seiner formalen Durchschnittlichkeit kaum uninteressanter sein könnte. Die öde, vollkommen überfrachtete und unnötig kompliziert erzählte Story von einem ehemaligen Pornostar, der sich mit Frau und Kind in der Provinz niedergelassen hat und eines Tages ein lukratives Angebot eines exzentrischen Produzenten erhält, entpuppt sich schnell als Nullnummer, die ihre Schocks als Attraktionen aufbietet und auf ganzer Ebene kalt lässt. Ein kurzer Blick auf The Life and Death of a Porno Gang, der diesem Abfallprodukt um Lichtjahre voraus ist, zeigt, wie wenig Risikobereitschaft und wie viel Prüderie eigentlich im höchst reaktionären, von postpubertärer Misanthropie durchtränkten A Serbian Film aufgeboten wird. Pornografische Details werden weitgehend ausgespart, wobei sich der Film alle erdenkliche Mühe gibt, sich ein verschmiertes und räudiges Gewand umzuhängen. Dass dieses nur entstellend wirken kann für ein visuelles Konzept, das sich gleichzeitig völlig schizophren um die Glätte eines Mainstreamfilms bemüht, dürfte auch dem unaufmerksamsten Zuschauer auffallen. Demenstprechend lächerlich schneiden auch Ausschnitte aus fiktiven Pornofilmen ab: schablonenhafte Karikaturen, die, ähnlich den unfreiwillig komischen Figuren jeden Bogen überspannen – allen voran wohl der geifernde Filmproduzent Vukmir (Sergej Trifunović), der Milos ohne dessen Kenntnis zum Star eines Snuffmovies machen will.

Wochenlang setzt er ihn auf Droge und bringt ihn mittels Gehirnwäsche nicht nur zu Vergewaltigung und Nekrophilie sondern letztendlich auch dazu, den eigenen kleinen Sohn blutig zu ficken, während der Bruder daneben Milos‘ Frau schändet. Hui, ein hartes Stück Brot möchte man meinen und der Film legt es einem (unausgesprochen) nahe, zwischen all den Bösartigkeiten kräftig durchzuatmen. Selten bemüht sich ein Film so verzweifelt darum, den Zuschauer so richtig durchzunehmen. Nebenbei wird man alle fünf Minuten daran erinnert, das man sich in Serbien befindet, die symbolschwangeren Set-Pieces verdeutlichen den Kunstanspruch, den der Film sich selbst auferlegt. Dieser bricht ihm selbstverständlich das Genick und jeden anderen Knochen im Leib. Das vollkommen übersteuerte Finale taumelt dann endgültig ins totale Delirium und wartet mit trashigen Einlagen auf wie einem unmittelbar nach der Geburt zu Tode vergewaltigten Säugling, einem sadistischen Mord bei dem eine Frau mittels hartem Penis erstickt wird (man hat ihr vorsorglich alle Zähne herausgerissen, keine Sorge also um das gute Stück), ein brachialer Stoß mit einem Penis durch die Augenhöhle und andere derbe Unappetitlichkeiten. Abstoßend ist nicht die Gewaltexzesse, nicht einmal der grenzwertige Umgang mit den Kinderdarstellern. Die Vehemenz, mit der er sein Publikum penetriert, ist schlichtweg unangenehm, aufdringlich und noch dazu in völlig gewöhnliche Bilder gekleidet, die ein durchschnittlicher SAT.1-Kameramann auch bewerkstelligen könnte. Schreckliches Overacting an allen Fronten, ein grässlicher Score auf unterstem Soap-Niveau, völliger Verrat des Themas an reißerische Splatterei. Kurzum, A Serbian Film ist kein relevantes Kino. Wenn überhaupt so etwas wie Kino.

Serbien 2010 / Regie: Srdjan Spasojević

Hier einige Kostproben von der fragwürdig-trashigen Rezeption, die der Film in diversen Foren erfährt:
Nightmare-Horrormovies
Schnittberichte
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5 Kommentare zu "A Serbian Film"

  1. Chiva 31. Oktober 2011 um 19:39 Uhr · Antworten

    Ich werde nie in meinen Kopf bekommen, wie, ich sage mal Machwerke, wie dieses überhaupt einer Kritik würdig sein können. Wenn ich immer lese, solche Filme dienen zur Abschreckung, dann könnte ich hektoliterweise mein Frühstück ausspeien. Menschen sehen sich solche Filme nicht an, weil sie abgeschreckt werden wollen, sondern weil sie „schaulustig“ und in der heutigen Gesellschaft immer öfter frei von jeglicher Moral sind. Mein 5-Jähriger Neffe wüsste bereits ohne einen solchen Film gesehen zu haben, das Dinge die da gezeigt werden „böse“ sind und niemand auch nur einen Gedanken daran verschwenden sollte. Wer was anderes behauptet ist entweder nicht ganz beisammen oder versucht eine Tatsache zu leugnen, für die man sich eigentlich schämen müsste. Das solche widerwärtigen Filme überhaupt finanziert werden ist ein Zustand der eigentlich untragbar ist. Die sollten das Geld lieber an Einrichtungen spenden, die sich für Gewaltopfer etc. einsetzt. Stattdessen zeigen sie der Öffentlichkeit lieber explizit die kranken Gedanken eines fragwürdigen Drehbuch-Schmierfinks und die nichtmal mehr grenzwertigen Visionen eines anscheinend völlig behämmerten Regisseurs. Dieser Film hat weder eine sinnvolle Story, noch irgendeine Moral oder sonstige sinnvolle Botschaft. Es ist eine stupide, pervers dargestellte Anhäufung von Straftaten. Jeder der sich bei diesem Film auch nur ein Lächeln abringen kann, gehört in Behandlung oder im schlimmsten Fall weggesperrt, einschließlich der Produzenten, Regisseure etc.

    Eine kranke Welt ist das geworden…

  2. merle 30. Juli 2011 um 13:50 Uhr · Antworten

    schlechte kritik. eine kritik soll nicht filme vergleichen, sondern einen film objektiv bewerten, nicht subjektiv.
    man kann zwischen deinen zeilen richtig die wut lesen, die der film in dir ausgelöst hat. wie du die brutalen szenen abwertest, anstatt sie zu bewerten, zeigt deien abneigung und distanz zu diesen film (mal abgesehen davon, das diese szenen, wie in diversen anderen snuff-horror-filmen, zum abschrecken und ekeln dienen, also zum distanzieren).demnach hat der regisseur doch das geschafft, was er ohnehin erreichen wollte: der film provoziert, wird stark diskutiert und regt zum nachdenken in jeder hinsicht an.
    sicherlich, die menschen die sich nicht mit serbiens geschichte auskennen, können immer sagen „das hat nichts mehr mit provozieren zu tun“ oder „der regissuer gehört ins gefängnis“ oder „der politische aufhänger is bloß eine scheinheilige rechtfertigung“ ect ect.
    ich kenne mich nicht mit der serbischen geschichte aus. dennoch versuch ich den film objektiv zu betrachten: tabu-brüche, brutale szenen, viel blut. mitleiden, wegschaun, ekeln.
    wer diesen film schaut, weiß worauf er sich einlässt. es ist dein gutes recht diesen film nicht gut zu finden und ihn zu kritisieren, doch solltest du auch positive kritiken lesen um ein bild der anderen seite zu kennen. denn vor diesen film, wusst ich nichtmal wo serbian liegt und jetzt kenn ich die ganzen grausamkeiten welche in diesem land bzw seiner bevölkerungen wiederfahren sind und nach wie vor werden. der film hat aufjedenfall geschafft, das die filmwelt auf serbien schaut. fragwürdig bleibt, wie in jedem horrorfilm, wie brutal es sein muss, für solch eine aufruhr. doch meiner meinung, geht es immer noch schlimmer..
    also sollte man einen film nich nur nach seinen umstrittenen szenen bewerten, sondern auch nach seiner story und vorallem, meiner meinung nach, nach der atmosphäre. und a serbian film ist ein film, der ein gefühl und eine atmosphäre schafft, wo niemand mehr lacht oder sich vom film lösen kann. ich habe mal gelesen „ein film, so brutal das man ihn nicht empfehlen kann“ das triffts.

    • Frau Suk 30. Juli 2011 um 15:33 Uhr ·

      Definition von Kritik im Bereich Journalismus (zugegeben, stammt der Einfachheit halber aus der Wikipedia): „ Darstellungsform, die Information und kommentierende Meinung verbindet. Meist in Form von Rezensionen kann sie zu positiven, unentschiedenen oder negativen Werturteilen gelangen. Das Spektrum reicht von der Lobeshymne bis zum Verriss.“

      Selbst wenn es etwas wie eine objektive Meinung gäbe: Hättest Du die Filmrezension mit einer genau so objektiven Haltung betrachtet, wie Du sie vom Kritiker dem Film gegenüber erwartest, hättest Du selbst gemerkt, dass das Urteil „schlechte Kritik“ hier nicht zutrifft. (Höchstens das Urteil: „Kritik, deren Tenor ich nicht teile.“) Und hättest Du den Text sorgfältig gelesen, wüsstest Du, dass der Kritiker sich sehr wohl ein Bild über andere Rezensionen verschafft hat. Aber was sollten die an seiner Meinung ändern, die er sich durch die Sichtung des Films verschafft hat? Er rezensiert ja nicht die Kritiken, sondern den Film – hoffentlich ohne sich dabei allzu sehr von anderen Rezensionen beeinflussen zu lassen.

      Aber was diskutiere ich mit jemandem, der sich in einem Horrorfilm über die Lage Serbiens informiert… Ich hoffe allerdings, dass Du Deine Informationen über die tatsächlich grausame Geschichte des Landes nicht auch nur aus dem Film beziehst.

  3. TAPETRVE 5. Juli 2011 um 19:43 Uhr · Antworten

    Auch mir gefällt Život i smrt Porno Bande weit besser, wenngleich ich Srpski Film durchaus ausgesprochen unterhaltsam fand – als unfreiwillige schwarze Komödie.

  4. Alex Klotz 29. Juni 2011 um 01:50 Uhr · Antworten

    Hm. Ich denke, man rennt hier in ein rotierendes Messer. Die hitzigen Debatten, die über Filme wie diesen bereits im Vorfeld geführt werden, haben, glaube ich, einen unguten Einfluß auf einen objektiven Zugang zum Film selbst. Wobei ich selbst eine „objektive“ Filmkritik auch als ein entweder hoffnungsloses Unterfangen oder eine endlos langweilige Angelegenheit einschätze. Ich halte LIFE AND DEATH OF A PORNO GANG auch für den besseren und sympathischeren Film der beiden, in der ganzen Diskussion kommt mir aber auch das historische Moment zu kurz, denn es gab bereits vor dem Internet bemerkenswert grenzwertige serbische Filme wie z.B. Vec Vidjeno von Goran Markovic, und eine sachliche Debatte über die Filmgeschichte des Landes könnte durchaus fruchtbar sein. Andererseits will ich mich aber auch selbst nicht von derlei Reaktionen ausschließen, denn als z.B. MARTYRS vor drei Jahren auf dem Fantasy Filmfest als Film beworben wurde, bei dem „Zuschauer in Ohnmacht fielen“ und „eine außergewöhnliche Erzählstruktur“ verwendet wurde, und ich im Film keinerlei hinreichende Gründe für das eine noch das andere vorfand und ihn hernach für eher mittelmäßig und überbewertet hielt, machte ich mir nachher Gedanken darüber, daß ich das Werk ohne dem ganzen Vorschußbrimborium auch durchaus brauchbar hätte finden können. Also: Hm.

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