Vom Tron gekippt…
Von Frau Suk // 9. Februar 2011 // Tagged: 3D, Sci-Fi // Keine Kommentare
Eigentlich sollte das eine in Nostalgie schwelgende Rezension über das Wiederauflebenlassen alter Kindheitserinnerungen werden. Ich wollte von meiner Tron-Hörspielkassette erzählen, die ich geliebt habe bis an ihr leierndes Ende, und von dem Eindruck, den die Tron-Verfilmung damals, Ende der 80er, auf mich gemacht hat. Eigentlich. Aber jetzt nehme ich lieber meine schönen Kindheitserinnerungen und packe sie in eine gut verschließbare mentale Panzerschublade, damit sie ja nicht mit Partikeln der Neuverfilmung in Berührung kommen.
Vermutlich ahnen Sie es bereits: Gestern habe ich Tron Legacy gesehen, in 3D, Farbe und bunt. Mein erster 3D-Film übrigens. Mit Spannung wartete ich deshalb auf die Handlung im Raster und auf das „Ich-bin-drin-Gefühl“. Das Raster kam, schneller als gedacht, denn Sam, der blasse Sohn von Tron-Entwickler Kevin Flynn, stolpert ruckzuck und ohne Umweg rein ins virtuelle Reich der personifizierten Programme. Wenn man sich nicht selbst den Spaß verderben will, sollte man sich besser nicht fragen, warum nach 20 Jahren Papas Rechner im staubigen und spinnenverwebten Spielhallenkeller noch tadellos läuft – ununterbrochen, und das mit abgeschalteter Hauptsicherung! Nun gut, zurück zur Raster-Handlung (wobei „Handlung“ in diesem Fall ein Euphemismus ist, „Vorhanden-Sein“ trifft es eher) und zum Spaß beim Film (dass auch das ein Euphemismus ist, dürfte inzwischen angeklungen sein). Jetzt war alles in 3D. Angeblich, denn viel merkte ich davon nicht. Vielleicht stimmt was mit meiner Brille nicht, dachte ich, oder mit meinen Augen. Ich tauschte versuchshalber meine Shutter-Brille mit der von Freund S. neben mir. Der Effekt blieb gleich: Vernachlässigbar. Ich hab ja im Normalfall nichts gegen Subtilität, aber diese 3D-Effekte waren homöopathisch dosiert. Wenn ich zu Hause in den Kühlschrank gucke, kommt mir mehr entgegen, und es macht auch noch einen lebendigeren Eindruck. Atmosphärisch stehen sich Tron Legacy und der Kühlschrank nämlich in nichts nach. Die ach so gelobte Ästhetik der Raster-Welt haut vermutlich nur Leute vom Hocker, die noch nie einen Fuß in einen Industrial-Club gesetzt haben. Die Figuren blieben mir derartig fremd, dass meine Spiegelneuronen mich noch nicht mal bei Kampfszenen zum Mitfiebern mit den Protagonisten bewegen konnten (und das, obwohl ich sonst schon zusammenzucke, wenn ein Darsteller die Tür zu knallt).
Einzig der Soundtrack von Daft Punk entlockte meinem ansonsten gelangweilt vor sich pumpernden Herzlein das ein oder andere freudige Hüpfen. Mein Amüsement (ein singuläres Ereignis und nur deshalb erwähnenswert) darüber, dass im Raster ein Ziggy-Stardust-Verschnitt namens Zuse wohnte, wich schlagartig, als ich dem Raunen des Publikums entnehmen konnte, dass mindestens 50% der Anwesenden „Zuse“ für eine Anspielung auf die Linux-Distribution SUSE hielten. Wer sich den oben erwähnten Spaß nicht durch logisches Denken oder emotionale Gleichgültigkeit selbst verdorben hatte, dem wurde diese Aufgabe durch die – freundlich formuliert – eindimensionalen Dialoge abgenommen. Wenn Sam der im Raster „geborenen“ Quorra die Sonne erklärt (damit Sie nicht ahnungslos sterben: „Sie ist warm, hell und wunderschön“), läuft es einem eiskalt den Rücken herunter. Nicht aus Ergriffenheit, sondern aus Frust über soviel Lieblosigkeit.
Ja, Freund S., Du hast recht. Es ist ein Fehler, Kindheitserinnerungen mit ins Kino zu nehmen.
USA 2010, Regie: Joseph Kosinski
Diese Rezension wurde auf www.frausuk.de erstveröffentlicht.