Mister Feuerstein lebt gefährlich
Von Marco Siedelman // 3. Februar 2011 // Tagged: Animationsfilm // Keine Kommentare
Der Geheimagent Rock Slag wird von Gangstern verfolgt und durch einen Sturz aus großer Höhe vermeintlich ausgeschaltet. Als hart gesottener Profi ist er aber nur verletzt und wird ins Krankenhaus von Bedrock eingeliefert. Zur gleichen Zeit bereiten sich Fred Feuerstein, sein bester Freund Barney und ihre Frauen auf den anstehenden, gemeinsamen Urlaub vor – als Fred und Barney die Tiere zum Gewahrsam beim Tierarzt gebracht haben, nimmt Fred eine gefährliche Abkürzung und baut prompt einen Autounfall – er wird zur gleichen Zeit ins heimische Krankenhaus gebracht wie Rock Slag, dem Fred zu allem Überfluss ähnelt wie einem Zwillingsbruder. Hier wird der Chef von Rock Slag auf diese Ähnlichkeit aufmerksam und unterbreitet Fred das Angebot, den verletzten Rock im Kampf gegen den Super-Verbrecher „Die Grüne Gans“ zu ersetzen.
Begeistert von der Idee, ein aufregendes Leben als Agent zu führen und im Auftrag der Regierung Verbrecher zu stellen, nimmt Fred an, zumal sämtliche Spesen bezahlt werden. Die Reise führt ihn nach Paris und Rom – der geplante Camping-Trip mit Freunden und Familie wird nun ersetzt durch diese große Reise. Allerdings hat Fred geschworen, seine Mission streng geheim zu halten und ist daher hin und her gerissen zwischen Urlaub und verdeckter Verbrecherjagd…
„The Man Called Flintstone“ ist ein Kinofilm um die Familie Feuerstein, nach Einstellung der Serie so etwas wie ein Abschiedsgeschenk für die Zuschauer, aber auch für die Figuren, die schon zu diesem Zeitpunkt fester Bestandteil amerikanischer Popkultur waren. William Barbera und Joseph Hanna inszenierten damit ihren zweiten Langfilm nach „Hey There, It’s Yogi Bear“ und beweisen erneut, das Spielfilm-Dramaturgie überhaupt nicht ihre Domäne ist. Nach jahrelanger erfolgreicher Arbeit bei MGM, in denen das Duo fast ausschließlich mit der eigenen Reihe um Tom und Jerry beschäftigt war, glückte ihnen mit dem Aussterben des Kino-Cartoons mühelos der Übergang in das neue Medium Fernsehen. Rasch gelangen Erfolge wie „Yogi Bär“, „Die Jetsons“, „Scooby-Doo“ und viele weitere Kult-Serien, in denen das Kreativ-Duo seine größte Stärke ausspielen konnte: die Charakterentwicklung einprägsamer und sympathischer Figuren mit hohem Identifikationsfaktor. Über allen Arbeiten, die Hanna und Barbera nach ihren MGM-Jahren für das Fernsehen entwickelten, nimmt bis heute die Familie Feuerstein einen herausragenden ersten Platz ein. Bis Matt Groening Jahrzehnte später mit den anarchischen Simpsons alle Rekorde brechen sollte, waren die „Flintstones“ lange Jahre die erfolgreichste Zeichentrickserie überhaupt. Mit einem Kinofilm nach fünf überaus erfolgreichen Staffeln einen würdigen Abschluss zu präsentieren, misslingt gründlich, einfach weil das 20-minütige Format der Serie so gar nicht mit den Normen eines Langfilmes zu vereinbaren ist.
Nach einem gelungenen Vorspann, der ganz im James-Bond-Stil gehalten ist und sogar mit dem brillanten Titelsong eine elegante Analogie schafft zu eben jener Filmreihe, macht bereits die folgende Eingangssequenz klar, das man es nicht mit einer gewöhnlichen Storyline aus Bedrock zu tun hat. Fred Feuerstein hängt lässig zwei zwielichtige Gestalten in einer rasanten Autoverfolgungsjagd ab, in der bereits die aus den Bondfilmen bekannten technischen Gimmicks zum Einsatz kommen, hier in Form von integrierten Steinschleudern und extrem biegsamen Karosserien. Am Ende der Szene wird klar, das es sich um einen Doppelgänger handelt, der darüber hinaus als berüchtigter Geheimagent tätig ist – auch die anschließende Verwechslungsgeschichte inklusive der international agierenden Organisation, welche die gesamte Welt bedroht ist eine akkurate und in sich funktionelle Parodie auf James Bond. Über Referenzen und Zitate kommt der gesamte Film dann aber nicht hinaus, es fehlt Eigenständigkeit, das rechte Tempo und ein Spannungsbogen als Fundament der auf Dauer eher drögen Story.
Neben dem bereits erwähnten Titel-Thema, das auch instrumental während des Films erklingt, sind auch ganz und gar deplatzierte Gesangseinlagen eingebaut, die weder atmosphärischen noch dramaturgischen Sinn ergeben. Diese Szenen fühlen sich an wie Fremdkörper und wollen sich überhaupt nicht in die Konzeption des restlichen Films einfinden, funktionieren platt gesagt als Füllmaterial um die Laufzeit auf stramme 90 Minuten zu hieven. Spätestens wenn dann selbst die Babys Pebbles und Bam-Bam ein süßliches Liedchen anstimmen und durch eine verkitschte Traumlandschaft schweben wird klar, das nicht viel übrig ist vom mitunter derben Charme der Serie. Viele einzelne Episoden hatten inhaltlich eine bessere Grundlage, ein würdiger Abtritt sieht ganz anders aus – dementsprechend verhalten war der Erfolg an den Kinokassen, in den Folgejahren entwickelte sich der Film dennoch zum Evergreen im amerikanischen Fernsehen; also dort, wo der Film eigentlich von Anfang an hingehört hätte. Für einen Kinofilm ist der Plot einfach zu wässrig und unergiebig, ein 60-minütiges TV-Special mit der gleichen Geschichte hätte den gleichen Effekt erzielt.
Auch optisch macht der Film nicht viel her sondern setzt wie die Serie auf sehr reduzierte Animationen, einfach gehaltene Figuren und Hintergründe. Zudem fehlt es ein wenig an den so beliebten Anachronismen, aus der die Serie einen Großteil ihres Reizes bezogen hat – was nicht zuletzt daran liegt, das der Film stärker auf die jüngsten Zuschauer zugeschnitten ist. Die leicht chauvinistische und im Kern erzkonservative Aussage hat sich aber in den Film „gerettet“ – was aber schon aufgrund der gleichen Personenkonstellation und der daraus resultierenden Rollenverteilung unvermeidlich war. Die so fantasievoll wie detailreich erdachte Welt Bedrock kommt hier ein wenig zu kurz und macht Platz für eine groß angelegte Bondparodie. Alle Gags außerhalb dieses Kontextes werden vernachlässigt und in den Hintergrund gedrängt, was in Verbindung mit den nervtötenden Musikeinlagen auf Dauer einfach zu monoton ist. Letztere sind aber der eigentliche Grund, warum „The Man called Flintstone“ nicht funktionieren will – zu uninspiriert, einfallslos und kindisch sind die betreffenden Sequenzen geraten.
Die Flintstones gehören nicht ins Kino. Jedenfalls nicht so. Kurioserweise zeigte erst die Realverfilmung mit John Goodman wie der Hase läuft…
The Man called Flintstone / USA 1966 / Regie: William Hanna & Joseph Barbera