La Nana – Die Perle
Von Marco Siedelman // 3. Februar 2011 // Tagged: Lateinamerika // Keine Kommentare
„Du bist hier nur das Hausmädchen“ – mit diesen schroffen Worten muss sich Raquel (grandios: Catalina Saavedra) von der Teenager-Tochter des Hauses zurechtweisen lassen, in dem sie seit mehr als zwanzig Jahren arbeitet. Hier ist sie zuhause, hier hat sie eine Familie gefunden, ein eigenes Privatleben existiert nicht mehr.
Als ein weiteres Mädchen zur Hilfe eingestellt werden soll, setzt dies Raquel so unter Druck, das sie sich zum echten Ekel entwickelt. Das renommierte Sundance-Festival gilt als DIE Aufstiegschance schlechthin für querköpfige, junge und vor allem kultträchtige Indies: Kevin Smith, Todd Solondz, die Coen-Brüder, Jim Jarmusch und etliche andere Namen drängen sich in diesem Zusammenhang auf. Sie alle verdanken ihre Karriere einem guten Start beim Sundance, wo sich „La Nana“ letztes Jahr in der Kategorie Weltkino-Gedöns (oder so ähnlich) durchsetzen konnte. Das spricht für diese chilenische Dramödie, die einem ja sonst höchstens per Zufall ins Haus oder gar auf die Leinwand geraten wäre. Leider kann der ganz im Dogma-Stil (will in diesem Fall lediglich heißen: zumindest die Handkamera bleibt nie still) gehaltene Film nur etwa bis zur Hälfte überzeugen, bevor der Geschichte nicht etwa nur die Luft ausgeht, vielmehr drängt sich der Gedanke auf, das ein bis zu diesem Zeitpunkt überlegt strukturiertes Drehbuch völlig ins Leere läuft.
Wird zunächst die Sinnhaftigkeit des unabdingbaren Dienens unter die Lupe genommen (in den Blicken Raquels ist die Sehnsucht danach „dazu zu gehören“ jederzeit lesbar), verschwindet der schwarzhumorige Ansatz in der zweiten Filmhälfte um einer zärtlichen Freundschaftsgeschichte Platz zu bereiten, die so etwas wie eine Coming-of-Age-Story sein will, schlichtweg aber nicht zum Punkt kommen will. Will man es böse formulieren könnte man sagen, Sebastián Silva hätte seiner Idee lieber einen minimalistischen Kurzfilm gewidmet – denn wie der zerfahrene Erzählfluss deutlich macht, fehlt der lange Atem, um den Zuschauer über Spielfilmlänge zu fesseln. Letztlich gehen ihm auch jene schmerzhaft-bohrenden Momente ab, die etwa ein Michael Haneke dankbar aufgegriffen hätte.
La Nana / Chile, Mexiko 2009 / Regie: Sebastián Silva
zuerst erschienen in: Moviebeta 06/10