Störkanal Edition : Martyrium [aka Calvaire]

Von  //  10. Februar 2011  //  Tagged: , ,  //  Keine Kommentare

In der Störkanal Edition (Störkanal #009) erschienen und von Deadline und Herrn Siedelmann wärmstens empfohlen. Ein „kalter“ Trip in die Belgium Backwoods.
Martyrium (2004 unter dem Titel Calvaire als erster langer Film von Fabrice Du Welz veröffentlicht), überzeut mich nur im Ansatz und schwächelt in zu vielen Passagen, um mir wirklich Spass zu machen. Dennoch ein sehenswerter Erstling.

Die Story folgt einem klassichen Horror Prinzip: Isolation, Fangschuss, Befreiung. Isoliert wird im vorliegenden Fall mit Hilfe einer Autopanne. Marc Stevens,  ein eher bemitleidenswerter Alleinunterhalter und Beglücker älterer Damen wider Willen, der duch die frankopile Provinz tingelt, sieht sich unversehens gezwungen sich mitten in der Nacht eine unwirtliche Herberge zu suchen. Im Folgenden wird ein Netz aus Abhängigkeiten gestrickt, welches laut Drehbuch verhindern soll, dass Stevens der Situation irgendwie entfliehen kann. Die Bedrohung – ausgehend von verschiedenen Charkteren – die alle nur Ungutes mit Marc im Schilde führen, ist über lange Strecken diffus – was so ungefähr die erste Hälfte des Films richtig gut macht.

Die Idee die Täter/Opfer Beziehung weniger eindeutig zu inszenieren als in einfacher gestrickten Filmen dieser Ausprägung, ist keine schlechte. Der Winklelzug des Regisseurs, die Rolle der Peiniger auf mehrer Charaktere zu verteilen (zwischen denen wiederum Beziehungsebenen bestehen, die auch alle mitgeschleppt werden wollen) führt aber eher zu einer gewissen Überdrüssigkeit als zu dem komplexen Suspense, der ihm wohl vorschwebte. Ein suboptimales Timing, durch das man für so manche  Szene wieder einen neuen Anlauf nehmen muss, stören den Fluss des Films. Du Welz hat zudem nicht mit offenen Reminiszenzen gespart. Nichts gegen ein gelungenes, genre-immanentes Zitat, aber dass so etwas in der vorliegenden Häufung der eigenen Handschrift dann eher abträglich ist, liegt nahe.

Martyrium hat darüber hinaus sehr eigene Qualitäten in etlichen Szenen, die für sich genommen starkes Kino sind. Lediglich in seiner Gesamtheit verliert er etwas, bleibt aber dennoch sehenswert. Du Welz hat 2008 mit Vinyan seinen zweiten Langfilm abgeliefert. Darüber wird zu berichten sein.

Grusel-Bonus für alle in um Aachen herum, also in unmittelbarer Grenznähe zu Belgien wohnen: Hohe Identifikation mit den Locations, da von ausgedehnten Spaziergängen in der Region her bekannt.

Belgien | Frankreich | Luxemburg 2004, Regie: Fabrice Du Welz


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Über den Autor

Eckhard Heck besitzt eine der umfangreichsten Baustellen-Sammlungen Nordrhein-Westfalens. Unter anderem ist er Autor, Musiker, Maler, Fotograf und Glaubensberater.

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