BAR 25 – Tage außerhalb der Zeit

Von  //  23. Januar 2013  //  Tagged: , , ,  //  Keine Kommentare

Ein Zuhause für Freaks und Geeks, ein Szene-Club von höchstem Kultrang, ein In-Restaurant, ein Plattenlabel, ein Ärgernis für die Berliner Sittenwächter, denen die Musik meistens zu laut war. All das war die Bar 25, die nach nur sieben Jahren im September 2010 ihre Pforten schließen mußte. Zu oft hatte man sich über die bestehenden Regeln hinweggesetzt, zu wenige Kompromisse ist man hier eingegangen. Denn Kompromisse waren letztendlich das, wovon die Gründer und letztlich auch die schrill gekleideten und hippen Gäste nichts mehr wissen wollten. Vorliegendem Film nach zu urteilen war man bemüht, an der Spree ein kleines Paralleluniversum zu entwerfen. Und für eine gewisse Zeit hat das sogar geklappt. Aus mehr als 250 Stunden Material montierten Britta Mischer und Nana Yuriko einen Dokumentarfilm, der nahezu alle wichtigen Stationen vom Aufbau über die glühenden Party-Hochzeiten bis hin zu Polizeieinsätzen und der endgültigen Schließung abdecken kann, weil fast immer irgendwo eine Kamera dabei war.

Daraus ergibt sich ein zwar chronologisch dichtes, letztlich aber ästhetisch nur wenig ehrgeiziges Gesamtwerk, welches stellenweise so porös aneinandergeklebt scheint, daß man jeden Moment mit dem Zusammensturz der Bilder rechnen muß. Zudem versucht man dem Film einen nachdenklichen Anstrich zu verleihen, indem Zitate diverser nonkonformistischer Schriftsteller, von Oscar Wilde über Mark Twain bis hin zu Hunter S. Thompson, den einzelnen Kapiteln vorangestellt werden. Leider teilt man dem Zuschauer darüber hinaus viel zu wenig mit, setzt manches Mal Szene-Kenntnisse voraus und versäumt es schlichtweg, die nötigen Informationen mit auf den Weg zu geben.

Um die Postproduktion zu stemmen, wurde eine erfolgreiche Crowdfunding-Aktion ins Leben gerufen, an der sich mehrere Dutzend Spender teilweise äußerst großzügig beteiligten. Die Bar hat viele Freunde bekommen in den wenigen, aber wilden Jahren ihrer Existenz. Warum das so ist, muß man nach diesem Filmdokument trotz aller Lückenhaftigkeit nicht mehr fragen: Nicht umsonst hat das schillernde Wunderland am Friedrichshainer Spreeufer einen legendären Ruf inne, der auch international vernommen wurde. Selbstverständlich feiert der radikal subjektive Film die Macher und Besucher der Bar bedingungslos, ohne auch mal kritische Zwischentöne verlauten zu lassen. Das paradoxe Spannungsverhältnis zwischen unbedingter Toleranz und einer mitunter entwürdigenden Türpolitik bleibt unangesprochen, gleichwohl sich dieses Problem durch die gesamte Techno-Welt zieht und immer wieder von Szene-Urgesteinen wie Sven Väth kritisch beäugt wird. Deutlich wird jedenfalls, dass die Techno- und Electronica-Kultur längst ihr rechtmäßiges Erbe angetreten hat und das Hippietum mitsamt seiner freiheitsliebenden Ideologie fortschreibt. Nur ein bißchen elitärer eben.

D 2012 / R: Britta Mischer, Nana Yuriko

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