Alien Beasts

Von  //  27. Juni 2012  //  Tagged: , ,  //  Keine Kommentare

Carl J. Sukenick in Aktion

„I remember. I remember. I remember. We didn’t know the secret. We didn’t know the secret! We… I knew that this was part of an invasion from extradimensionals beings from an extradimensional universe and they were the ones that caused the radiation in meteorite form but nobody knew the supreme secret. (Keuch.) When the mutated Neal gave off the energy blast, nobody saw that he opened up a parallel dimensional opening, releasing into this earth a hideous horrible extradimensional being. This hideous being came through the extradimensional porthole (keuch) and stayed hidden. Nobody even knew it was here. Nobody knew it was here.“ (Voice Over Narration)

Es beginnt mit einer minutenlangen Kampfszene, in der Leute auf dem Vorgarten vor einem Vorortehaus versuchen, einander nicht wehzutun, während die Kamera angewurzelt ein paar Meter entfernt steht und uns der Film in keiner Weise mitteilt, wer da warum gegen wen kämpft und zu wem wir denn halten sollen. Mitunter schneidet der Film zu einem Pappmachemonsterkopf auf schwarzem Samt, als ob von ihm Aufklärung zu erhoffen wäre. Doch der Kopf schweigt – ebenso wie der ältere Herr, ein Verwandter des Regisseurs, der mitunter zu sehen ist, wie er das unfassbare Geschehen mit steinerner Miene auf einem Überwachungsmonitor verfolgt.

Allegorie des Zuschauers

Allegorie des Zuschauers

Die sich entspinnende Handlung – eine Spezialeinheit des FBI kämpft nicht nur gegen Aliens, Mutanten und iranische Geheimagenten, sondern auch gegen einen Verräter in den eigenen Reihen – bleibt fragmentarisch, auch wenn das Voice Over des Regisseurs versucht, die Geschichte zu erklären, über seine eigenen Sätze stolpert (geschnitten wird nichts) und diese fast grundsätzlich wiederholt: „My friend Joe put on anti-radiation clothing and tried to stop the female enemy agent! My friend Joe, I repeat, put on anti-radiation clothing and tried to stop the female enemy agent from stealing the weapons from the base.“ Das sieht dann so aus, dass eine Frau mit schwarzem Tuch überm Kopf in einem Wäscheschrank herumstöbert, der das FBI-Geheimdepot verkörpert, dort einen Nunchaku findet und sich daran aufgeilt. Sie hat aber Pech: Der Freund des Commanders tritt auf und berührt ausführlich ihre Brüste. (Wenn man der IMDB glauben darf, wird der Freund in dieser Szene vom Regisseur gedoubelt.)

Abe Sukenick

Abe Sukenick

Wir reden hier nicht einfach von Mängeln, die Amateurfilmen öfters mal anhaften, was aber, sagen wir, ICH PISSE AUF DEINEN KADAVER nicht davon abhält, abwechslungsreich und amüsant zu sein. Wir reden von einem formalen Minuslevel, als hätte der Regisseur tief verwurzelte grundsätzliche Einwände gegen die Ausdrucksform Film, als wäre er jahrelang mit einem handgemalten Schild „MOVING PICTURES ARE EVIL“ durch die Gegend gelaufen, bis er sich schließlich dazu durchrang, das teuflische Medium mit seinen eigenen Waffen zu schlagen: Seht her, was geschieht, wenn man euren Geschichten all die glitzernden Trugbilder und Pawlow-Manipulationen nimmt! Seht ihr, wie dämlich, sinnlos und abstoßend eure Fabeln sind?

Und so findet die obligate militärische Lagebesprechung nicht in einem Kommandoraum voller flimmernder Monitore statt, und nicht einmal in einem normalen Büro oder vor einer blanken Wand, sondern in einem ungelüfteten Wohnzimmer, wo Commander Carl J. Sukenick –  der Name des Regisseurs, der sich selbst spielt und aussieht wie ein von Drogenkonsum früh verbrauchter Endzwanziger – auf einem Sperrmüllsofa lümmelt und die Handlung eben in diesem Moment zugunsten des neben ihm abhängenden Joe zu improvisieren versucht.

Ironie? Keine Spur. Tragik? Definitiv. Denn Sukenick ist kein postmoderner Verfremder; er will durchaus Filme drehen, hat nach ALIEN BEASTS – der einst im Anzeigenteil von Fangoria angeboten wurde – noch ein halbes Dutzend weitere gedreht, und es wäre taktlos, sein art brut-Gestammel zu bewitzeln. Im Netz findet sich ein Video, wo jemand einen Brief vorliest, den Sukenick an ihn geschrieben haben soll. Darin beklagt er, dass ihn Raubkopierer arm gemacht haben, dass er mit Drogen vollgepumpt wird und pleite ist; er bittet auf unklare Weise um Hilfe. Außerdem buchstabiert er in diesem handgeschriebenen Brief „violence“ als „volence“, „title“ als „tile“, und auf dem Brief klebt ein toter Käfer. Ein böser Scherz? Ich fürchte: Nein. Es passt einfach zu gut.

Extra-dimensional being

Extra-dimensional being

Am Ende fährt der Film psychedelische handgemachte Animationen auf, die keinen Sinn ergeben (und auch wiederholt werden). Dann wankt Sukenick aus dem Vorortehaus, und sein Voice Over sagt: „Carl, you’ve destroyed the en…. the enemy agents and the alien extradimensional monster, everything is destroyed: You won!“ Glücklich wirkt er dabei freilich nicht und schneidet hastig zum Nachspann.

Alien Beasts, USA 1991, Carl J. Sukenick


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Über den Autor

Andreas Poletz (1185 bis 1231), aus Chorazin gebürtig, beschrieb seine Seele als »einen schrecklichen Sturm, umhüllt von ewiger Nacht«, und behauptete, dass er aus Verzweiflung begann, seine Hände und Arme zu zerfleischen und mit den Zähnen bis auf die Knochen zu zernagen (incipit manus et bracchia dilacerare et cum dentibus corrodere useque ad ossa). Ist aber nicht wahr.

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