DVD: Der Mann, der über Autos sprang

Von  //  31. März 2012  //  Tagged:  //  2 Kommentare

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Julian (Robert Stadlober) bricht aus einer Nervenheilanstalt in Berlin aus und macht sich auf den Weg nach Süddeutschland. Das Besondere: er geht zu Fuß. Durch die auf dem Marsch gewonnene Energie versucht er den kranken Vater seines verstorbenen besten Freundes zu heilen. Auf dem Weg begegnen und begleiten ihn verschiedene Personen, etwa die von ihrem Leben frustrierte Ärztin Ju (Jessica Schwarz), oder die in ihrer Ehe erstickende Mutter Ruth (Anna Schudt), die, auf dem Weg in den Urlaub, dem Mann und den Kindern davonläuft. Zumindest für kurze Zeit, bevor sie sich wieder in ihre verantwortungsbewußte Rolle zurückbegibt. Dass der Film um ein Geheimnis in der Vergangenheit kreist – nämlich den Tod des Freundes – lässt sich freilich schon früh erahnen. Und dass es somit auch irgendwie um Schuld und Sühne geht, ebenso. Aber natürlich muss man sich durch diesen beinah zweistündigen Film durchsitzen, bevor man zum Geheimnis vorstößt.

Der Mann der über Autos sprang ist schon eine kleine Besonderheit. Selten hat man einen Film gesehen, der vorgibt, so ganz einfach zu sein, und dabei in jeder Bewegung, in jedem Bild, in jedem gestelzten und gespreizten Dialog derart bedeutungsschwanger daherkommt. Wobei sich hinter den ganzen Ebenen der Huberei freilich recht wenig verbirgt. Außer eben einer Schuld, die man glaubt, esoterisch tilgen zu können und der implizit permanent an den Zuschauer gestellten Frage, ob er denn mit seinem eigenen Leben zufrieden sei, ob man da nicht noch etwas optimieren könnte im Gefühlshaushalt. Und wer könnte das nicht?! Der Film ist elegant inzeniert nach den Modi des deutschen Arthouse-Verständnisses: schöne Menschen machen bedächtige Sachen vor schönen Landschaften, sind dabei innerlich zerissen (aber auf dem rechten Weg!) und können durch eine Liebesoption tendenziell gerettet werden. Hier: Jessica Schwarz, die irgendwie auch unglücklich ist und halt dann mitgeht, da sie, ganz frech und kokett, die Idee irgendwie spannend findet, so einfach mal aus dem eigenen Leben davonzulaufen. Passt ja auch zu gut: Julian und Ju.

Musik setzt ein.

Und plinkert durch die schwäbische Streuobstwiese.

Wer übrigens bei diesem Plot nicht an Werner Herzogs irren Fußmarsch nach Paris denken muss, der ist mit einem cineastisch ahistorischen Gedächtnis gesegnet. Martin Feifel mit seiner Standardfigur des heruntergekommenen Polizisten mit Schwitze im Haar und Bierdosen im Fußraum kann zwar einiges wieder gutmachen, wirkt dabei leider aber wie eine weitere, am Reißbrett entworfene Figur bemühter, niemandem wehtuender deutscher Arthousedramen, deren Daseinsoptimismus sich in der Darstellung pseudokontroverser Gemütslagen gefällt.

Der Mann der über Autos sprang, Deutschland 2010; Regie: Nick Baker-Monteys.


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Über den Autor

Michael Schleeh schaut vor allem asiatische Filme. Seit ein paar Jahren betreibt er das Blog SCHNEELAND und schreibt Reviews für verschiedene Webseiten. Indisches Regionalkino ist sein aktuellstes Ding. ~~ Michaels Filmtagebuch: http://letterboxd.com/schneeland/ ~ Michaels Twitter: @mono_micha

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2 Kommentare zu "DVD: Der Mann, der über Autos sprang"

  1. Michael Schleeh 31. März 2012 um 21:30 Uhr · Antworten

    Och komm, sei doch nicht so ein Spielverderber. Kennst doch mittlerweile die mir angeborene* Arroganz! Zumal ich eigentlich die Herzogsche Aktion für bekannter erachte, als so ein VAYA CON DIOS.

    __

    * für die ich also nichts kann.

  2. Whoknows 31. März 2012 um 16:59 Uhr · Antworten

    Ich fühlte mich offen gestanden im ersten Moment eher an „Vayos con Dios“ (2002) erinnert, in dem Danel Brühl als junges Mönchlein eine gewisse Zuschauerin in ungeahnte Wallungen trieb. Konnte aber auch nur einem Dummerchen wie mir passieren…

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