DVD: L.A. Zombie

Von  //  6. August 2011  //  Tagged: , , ,  //  3 Kommentare

Die Geburt des Zombies aus dem Meerschaum vor der Westküste der USA wirkt wie ein grimmiges Gegenstück zur Geburt Aphrodites. Oder zur Anfangsszene von Wakefield Poole`s Boys in the sand? Auch dieser strange boy in the sand (Francois Sagat) kommt uns aus der Gischt entgegen wie eine phantasierte Wunscherfüllung. Sein muskelbepackter Körper ist spektakulär lehmig-blutig bemalt wie ein archaischer Krieger (Make Up: Joe Castro) und kann vor Kraft und Melancholie kaum gehen. Trauriger als Rambo schleppt er sich durch die Gegend zu einer Reihe attraktiver Männer, die nach Unfällen oder Morden tot in ihrem Blut liegen. Wenn er auf so einen stößt, macht er sich schwerfällig an die Arbeit. Er holt seinen beachtlichen, rot-schwärzlichen Schwanz mit dem Häkchen oben raus und fickt die tödlichen Wunden dieses Mannes, spritzt seinen brombeerschwarzen Samen in ihn und auf ihn und macht ihn wieder lebendig. Eine schlichte, schöne, fast religiöse Metapher, dieser Fick ins offene Herz und Stirn; das können Glaube, Kunst und Sex im Idealfall: Herzen und Köpfe von Toten ficken und sie voodootechnisch wunderheilen.

Dann trottet L.A. Zombie tieftraurig weiter, zum nächsten toten Mann – zerrissenes Hemd, offene Turnschuhe, Pullikapuze überm Kopf, blutende Augen, blutender Mund, ein Schmerzensmann, zelebriertes Sinnbild tiefster Verzweiflung. Die Leute gucken. Als er in die Bakery geht, bringt er kein Wort heraus. Der junge Mann am Tresen errät, dass dieser schwer geprüfte Mann jetzt einen Kaffee braucht. Aber die Brühe läuft dem Armen wieder aus dem Mund. Es ist komisch und schrecklich, so ein Monster zu sein, so eine Art Jesus, der nicht richtig auferstehen konnte und halbtot weiter auf Erden wandeln muss. Die Tatorte voller Blut und Wunden sind äußerst kunst- und glanzvoll fotografiert wie eine provokante Benetton-Modereklame (Kamera: James Carman). Das tiefrote, glitschige und flutschige Innere liegt offen, Blut ist pollockmäßig überall verspritzt und ausgelaufen, malerisch verteilt.

So viel hat er erlebt in 60 Minuten, so viel gerettet. Zu Tode erschöpft, gräbt sich L.A. Zombie schließlich auf dem Friedhof ein. Kirchenglocken. Donnergrollen. Ende.

USA,D,FRA 2010 / R: Bruce LaBruce

DVD zum Film ist erschienen beim Berliner Label Wurstfilm.

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Über den Autor

Silvia Szymanski, geb. 1958 in Merkstein, war Sängerin/Songwriterin der Band "The Me-Janes" und veröffentlichte 1997 ihren Debutroman "Chemische Reinigung". Weitere Romane, Storys und Artikel folgten.

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3 Kommentare zu "DVD: L.A. Zombie"

  1. Alex Klotz 9. August 2011 um 18:44 Uhr · Antworten

    Die HS-Gruselabteilung sagt: Zombies sind auch nur Menschen. :D
    Meistens ist es Umweltverschmutzung oder eine Seuche, die sie zu dem machen, was sie sind. Manchmal kommen sie aber einfach nur wieder.

  2. Silvia Szymanski 8. August 2011 um 11:44 Uhr · Antworten

    Das ist eine entscheidende Frage. Ich muss gestehen, dass ich mich mit diesem Thema noch nicht beschäftigt habe. Im Film sehen sie nachher unverändert blutverschmiert aus. Dann geht L.A. Zombie einfach weiter zur nächsten guten Tat. Was dann aus ihnen wird, steht nicht mehr in seiner Verantwortung. Das ist ja allgemein die unbefriedigende, aber unlösbare Frage, wenn man jemanden rettet. Wie Zombies aber eigentlich entstehen, wissen vielleicht unsere Kollegen aus der HS-Gruselabteilung…?

  3. Frau Suk 8. August 2011 um 10:00 Uhr · Antworten

    Eine Frage: Werden die Toten nach dem Wieder-lebendig-Vögeln auch zu Zombies oder bleiben sie Menschen?

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