Verbotene Liebe, 6: Sex

Von  //  24. März 2011  //  Tagged:  //  3 Kommentare

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„Das Wesen des Trivialen ist, dass es den Betrachter nicht aus der Illusion entlässt“, zitiert Eckhard Heck, mein Kollege bei Hard Sensations, im Kommentar zu meinem letzten Eintrag seinen Bruder, einen Pfarrer. Aber ich falle beim Verbotene Liebe Gucken dauernd aus der Illusion. Und nach Pfarrer Hecks Definition wäre gerade Religion trivial, indem sie uns heftig zum Glauben an die von ihr kreierten Geschichten anhält. VL hat hingegen keinen großen Ehrgeiz, du mögest ihre dahingeschusterte Story glauben.

Ihr reicht es, dass du irgendwie dabei bleibst. Auch beim Sex. Wenn man Verbotene Liebe heißt, muss man natürlich immer mal Leute aufeinander hängen lassen. Der Sex wird aber eher nach- als dargestellt. Er bleibt formell, ritualisiert, auch wenn er wild sein soll wie bei Lydia und Ansgar.

Sie waren anderweitig verheiratet und scharf aufeinander, obwohl sie sich nicht mochten. Diese Zwickmühle wurde dadurch symbolisiert, dass sie sich böse anguckten, wenn sie miteinander schlafen wollten. Besonders Lydia hatte immer Angst, ertappt zu werden, und so gingen sie oft hastig und ruppig aufeinander los. Meist im Stehen, auch um sich und einander vorzumachen, dass sie es SOFORT tun mussten, keine Zeit verlieren durften mit der Suche nach einer bequemen Unterlage. Vielleicht fürchtete Ansgar auch, wenn er jetzt ein Sofa sucht, dann überlegt es Lydia sich noch mal. Also übertrieben sie die Dringlichkeit ihres Anliegens, rammten einander ihre Kiefer in die Fresse, rissen an den Anziehsachen, als hätten die nichts gekostet, hauten sich auf den Schreibtisch, fegten Akten runter, pressten sich gegen die rauen Mauern dampfender Pferdestallungen.

Andere Leidenschaftliche in VL sind Ansgars Ex, die berechnende Tanja, die Männer manchmal aufs Bett schubst und sich dann siegesgewiss raubtierlächelnd auf sie wirft. Und der extravagante Tristan von Lahnstein. Er war verrückt nach seiner Schwester Helena und bezahlte das Zimmermädchen Jessica dafür, sich für den Sex mit ihm als Helena zu verkleiden. Welche Beschämung, als das raus kam! Tristan kann nun nicht mehr glauben, dass jemand, der davon erfährt, ihn noch lieben könnte. Dabei ist er ein attraktiver Junge. Er stylt sich irgendwie englisch, beinahe wie ein Mod. Mit der kritischen Falte zwischen den Augen sieht er sogar Allan Clarke von den Hollies ähnlich. Wäre er in meiner Klasse gewesen, hätte ich mich bestimmt eine zeitlang in ihn verliebt. Das mit der Schwester hätte mich auch eher gereizt. Denn so etwas zeigt, dass einer eine eigenwillige Sexualität hat und bereit ist, sich von ihr auf ungewöhnliche Pfade führen zu lassen.

Von diesen Ausnahmen abgesehen, geht es in der Verbotenen Liebe aber sexuell sehr konventionell zu. Meist ist man romantisch und benutzt Sekt, Strapse, merkwürdige Korsetts gemäß Dita von Teese, Satin-Negligés und jede Menge Kerzen, Teelichter und Rosenblätter. Vorher gibt`s von Butler Justus mitorganisierte Überraschungs-Picknicks, Übernachtungen in der vom Personal vorbereiteten, lahnsteineigenen Waldhütte, Candlelight Dinners im exklusiv gebuchten Schneider`s. Ablenkungen vom Wesentlichen im Grunde. Wie so vieles.

Uff, heute war viel Sex. Ich brauche eine Pause. Deshalb gibt es meine nächste Sendung (möglicherweise über die Ernährung der Verboten Liebe) erst in zwei Wochen. In der Zeit werde ich mir allerdings mit Kollegin Frau Suk ein paar Pornos reinziehen, denn wir erwägen hier bei Hard Sensations eine Reihe über Pornos der Sechziger und Siebziger Jahre. Bin gespannt. Ich hoffe, die entlassen einen wieder aus der Illusion.


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Über den Autor

Silvia Szymanski, geb. 1958 in Merkstein, war Sängerin/Songwriterin der Band "The Me-Janes" und veröffentlichte 1997 ihren Debutroman "Chemische Reinigung". Weitere Romane, Storys und Artikel folgten.

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3 Kommentare zu "Verbotene Liebe, 6: Sex"

  1. Eckhard Heck 31. März 2011 um 11:27 Uhr · Antworten

    Genau. Pfarrer T-Punkt.

  2. Frau Suk 27. März 2011 um 11:26 Uhr · Antworten

    Da Bielefeld ja angeblich gar nicht existiert, heißt Dein Pfarrer-Bruder vermutlich in Wirklichkeit nur T.

    Ich vermute, wenn man vier Kinder versorgen, erziehen und bespaßen muss, findet man das plötzlich gar nicht mehr trivial. Die Illusion über das Zusammenleben mit Kindern ist glaube ich nach den ersten schlaflosen Nächten sehr plötzlich kuriert…

  3. Eckhard Heck 24. März 2011 um 17:15 Uhr · Antworten

    Ja. Religion ist tatsächlich extrem trivial (Was das Fussvolk angeht). Deshalb funktioniert sie ja auch so gut. Ganz allgemein funktioniert es um so besser, je weniger glaubhaft das Ganze ist, scheint mir.

    Mein Bruder, der Pfarrer, heisst übrigens seit seiner Hochzeit nicht mehr Heck, sondern Bielefeldt. Und eben erhalte ich die Nachricht, dass heute morgen sein viertes Kind zur Welt kam. Auch irgendwie trivial.

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