Devil Species

Von  //  4. März 2011  //  Tagged: ,  //  Keine Kommentare

Ich mache keine Witze über den Namen des Regisseurs.
Junge West-Teenies fahren durch die in neuerem Thailand-Horror schon rettungslose überstrapazierte Videoclipästhetik bzw. durch reizvolle Landschaften, während die Musik glaubt, sie untermale einen Actionfilm. Zwischendrin Shots von Schlangen, dazu Lärm. Ein Teenie wird gebissen, dass sich das Wasser blutig färbt und schreit sofort: „Help me, I’ve been bitten by a snake!“ Es irritiert, Dialogsätze, die man nur aus Untertiteln gewohnt ist, hier gesprochen zu hören.

Schnitt. Stunden später, tiefer Abend. Radiomusik. Dschungel. Nein, man hat die Ärmste – die nun große, unglaubwürdige Bissmale am Hals, und außerdem Schluckauf hat – nicht etwa ins Spital gefahren. Man genießt die Gegend. Was macht man mit dem Opfer? „I“m gonna use Addicted Alcohol Medicine“.
Die Warnung, dass die in Rede stehende Medizin noch untested ist, geht okay: „No pain, no gain“ sagt einer der Westler (auf englisch) und fährt fort: „Take this medicine and go make some piss, check some fries, the patient how she is“, und, zu einem Freund gewandt, „Bimbo, let’s go fishing.“
(Man muss Atem holen. Zurückspulen. Nochmal anhören. Mit den Untertiteln vergleichen. Doch, er sagt das so. Wörtlich.)

Das Opfer scheint sich zu verwandeln. Eine Freundin sieht sich derweil auf ihrem Laptop ein Musikvideo an. Das Opfer mutiert zu einem Sparzombie (blutunterlaufene Kontaktlinsen, Weitwinkelobjektiv, Vampirzähne) und macht den Rest der Truppe kalt. Der Kameramann mag Bäume. Ein Mann mit Hut und Regenjacke kommt, aber sein Gewehr hilft ihm auch nicht weiter. Und dann klaut noch eine Hand die Videokamera eines der Opfer. Puh.
Gewitter. Cooles High-Tech-Labor: finster, nur ein Aquarium ist rot beleuchtet, darin schwimmt eine Leiche wie in einem Hammer-Film. (Warum? Das erfahren wir nie.) Ein Professor sieht sich das Video an. So hm. Dann etwas Plot: es geht um ein Antischlangengiftserum mit Nebenwirkungen (Curse II – The Bite, anyone?), das wie abgestandener Rest von Herbert Wests Stoff aussieht. Zwischendurch sehen wir ausgiebig jemanden auf Zielscheiben schießen. Warum auch nicht, isja cool.
Dann Abend. Kein Gewitter, aber Labor trotzdem finster. Der Professor hebt das Telefon ab. „Hello.“ (Pause.)
„I am a professor. Have you come back?“

Jemand rollt einen mysteriösen Behälter ins Labor, eine Laborantin spioniert nach (wobei sie sich kurzfristig hinter einem Springbockvorderkörper versteckt, der im Labor aus der Wand wächst – bitte keine Fragen stellen, weiter gehen), wird aber nicht entdeckt, was zwar – wie die meisten Ereignisse des Film – ganz egal ist, aber dennoch saudämlich aussieht. Wir hören, dass in dem mysteriösen Behälter eine Giftschlange steckt.

Tag. Irgendjemand mit einem Auto irgendwohin. Kann aber nicht so wichtig sein. Anderer Teil des Labors. „I need a rat.“ Zurück ins coole Labor (ist es doch nicht Tag? Gewitter ist auch wieder). Der Professor sieht in den Behälter und die Schlange speit ihm Gift ins Gesicht. Nach längerem Herumgestarre, und ohne irgend jemandem etwas von seinem Unfall zu sagen, nimmt er das Serum, krümmt sich vor Zeitlupenschmerz, wirft alles um, befreit dabei die Schlange, die ihn natürlich beißt, und erinnert mich daran, dass Alligator People (1959) doch ein besserer Film war, wenngleich seine Kameraführung weniger komisch wirkte: er verwandelt sich in ein unaussprechlich dämliches Krokodilmonster, für das man sich in den 50ern geschämt hätte.

Der zweite Professor reinigt eben den Boden vor den Toiletten mit einem Wischmop (nicht fragen!), als er die Schmerzensschreie seines Kollegen hört. Er geht zur Kamera und blickt skeptisch. Eine der Laborantinnen geht nachsehen; sie wird vom Schlangenprofessor nicht etwa gebissen, sondern gewürgt. Folgt das übliche Durchgängetappen diverser Protagonisten, nur der Springbock bleibt stoisch. Als der zweite Professor endlich den Mop weglegt, findet er seinen Kollegen in weiterer Verwandlung vor und wird ebenfalls gewürgt.
Später allerdings sehen wir den zweiten Professor erneut beim Bodenreinigen: er beseitigt die Blutspuren und Leichen. (Was er zuvor beseitigt hat, bleibt unklar: vielleicht die Continuity.) Warum tut er das? Warum beschafft er dem Schlangenkollegen neue Opfer? Warum kommt diesem noch eine kleine, als Zunge dienende Schlange aus dem Mund? Ganz schlicht gefragt: was soll das alles? Hat der Epilog-Subtitel recht: „Everything that happen, don’t have the cause“?

Die Macher scheinen die Masken tatsächlich für erschreckend zu halten, aber ich fand den mitunter auftauchenden jungen Schönling bedrohlicher. Ein Non-Plot, der aus Abfällen alter Monogram-Filme zusammengekleistert ist – weder das Cover noch der Nachspann nennt einen Autor – , mehrfache „Schocks“, wenn jemandem eine Hand auf die Schulter gelegt wird, wiederholte Alpträume, blaue Spotlights, keine Spur von Ironie, und alles im üblichen Musikvideostil: völlig sinnlose Kreuz- und Querschnitte, jeder Shot muss ein „cooles“ Element beinhalten, und sei es nur ein gemoddeter PC, aber dafür braucht keine Figur eine Motivation. Wie schrieb mein Lieblingsreviewer? „Ich könnte fortfahren, aber ich will weg.“

Phantugram ammahit, Thailand 2004, Regie: Poom-Opium

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Über den Autor

Andreas Poletz (1185 bis 1231), aus Chorazin gebürtig, beschrieb seine Seele als »einen schrecklichen Sturm, umhüllt von ewiger Nacht«, und behauptete, dass er aus Verzweiflung begann, seine Hände und Arme zu zerfleischen und mit den Zähnen bis auf die Knochen zu zernagen (incipit manus et bracchia dilacerare et cum dentibus corrodere useque ad ossa). Ist aber nicht wahr.

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